20 Tierschutz? Artenschutz? Naturschutz? Werte im Konflikt

Autor: Tobias Klein

Tierschutz? Artenschutz? Naturschutz? Werte im Konflikt

Seltene Schmetterlingsarten wollen wir schützen, aber invasive Arten wie die Nutria oder die amerikanische Wasserkrebse sollen sich nach Ansicht der EU und mancher Naturschützer nicht weiter ausbreiten – weil sie andere Arten verdrängen und unser Ökosystem negativ beeinträchtigen können.

Wir plädieren für den Klimaschutz, gleichzeitig aber sind beispielsweise Greifvögel und andere Tierarten durch die großen Windkraftanlagen bedroht. Diese und viele andere Beispiele zeigen, dass zwischen Tierschutz, Artenschutz und Naturschutz Konflikte bestehen. Im Kern geht es dabei immer um die Frage: Welche Natur wollen wir?

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Sendung als Podcast

Download Funkkolleg Biologie und Ethik (20), MP3-Audioformat, 25:12 Min., 46.1 MB

Sendung in hr-iNFO: 14.04.2018, 11:30 Uhr

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Zusatzmaterial

  1. Invasive Arten
  2. Artenschutz und Tierschutz
  3. Böden und Biodiversität
  4. Biogeographie
  5. Bioenergie
  6. Windkraftanlagen und Vögel

1. Invasive Arten

Als Invasion eines neuen Gebietes bezeichnet Kowarik die Überwindung natürlicher Ausbreitungsbarrieren von Organismen. Die durch den Menschen verursachte Ausbreitung einer nichteinheimischen Art in einem Gebiet, das die Art zuvor nicht auf natürlichem Wege erreicht hat, bezeichnet man als biologische Invasion. Voraussetzung dafür ist also die Überwindung der räumlichen Ausbreitungsbarrieren.

Eine biologische Invasion kann in diesem Zusammenhang beabsichtigt (eingeführt) oder unbeabsichtigt (eingeschleppt) erfolgen. Diese nichteinheimischen und gebietsfremden Arten bezeichnet man als Neobiota. Neobiota gibt es bei Pflanzen (Neophyten), Tieren (Neozoen), Pilzen (Neomyceten) und Mikroorganismen.

Bei Pflanzen und Tieren unterscheidet man zudem zwischen Archäophyten bzw. Archäozoen (Arten, die vor der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus (1492) eingeschleppt oder eingeführt wurden) und Neophyten bzw. Neozoen (nach 1492 eingeschleppt oder eingeführt).

Eine invasive Art ist „eine eingebürgerte Art, die Ökosysteme, Habitate oder einheimische Arten bedroht, ökonomische Schäden verursacht oder das Wohlergehen der Menschen gefährdet“ (Weber & Joshi 2009: 17). Eingebürgert bedeutet in diesem Zusammenhang, dass eine Art zu einem festen Bestandteil der Flora oder Fauna geworden ist und sich wie eine einheimische Art vermehrt und ausbreitet. Neobiota können, müssen aber nicht invasiv sein.

Beispiele für Archäobiota:

  • Klatschmohn (Papaver rhoeas)
  • Esskastanie (Castanea sativa)
  • Fasan (Phasianus colchicus)

Beispiele für invasive Arten:

  • Waschbär (Procyon lotor): urspünglich aus Nord- und Mittelamerika, konkurriert mit dem Dachs (Meles meles)
  • Wanderratte (Rattus norvegicus): ursprünglich aus Zentralasien und Nordchina, verantwortlich für Schäden in der Landwirtschaft und an Infrastruktur, sowie für die Übertragung von Krankheiten
  • Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum): gesundheitsschädigend
  • Roter Amerikanischer Flusskrebs (Procambarus clarkii): ursprünglich aus Nordamerika, konkurriert mit einheimischen Arten
  • Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata): ursprünglich aus Nordamerika, Larven und Imagos fressen die Blätter der Kartoffelpflanze
  • Grauhörnchen (Sciurus carolinensis): ursprünglich aus Nordamerika, verdrängt das in Norditalien und in England einheimische Eichhörnchen (Sciurus vulgaris)
  • Nutria, auch Sumpfbiber oder Biberratte genannt, (Myocastor coypus): ursprünglich aus Südamerika, gefährdet Uferstabilität

Weiterführende Literatur und Materialien

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2. Artenschutz und Tierschutz

Artenschutz umfasst den Schutz und die Pflege bestimmter wild lebender Arten, wobei Artenschutzprogramme auf den Schutz meist einzelner gefährdeter bzw. vom Aussterben bedrohter Arten abzielen. Übergreifendes Ziel des Artenschutzes ist der Schutz bzw. Erhalt der biologischen Vielfalt.
Beim Artenschutz unterscheidet man:

  • Flaggschiffarten (besonders charismatische Arten, z. B. Großer Panda)
  • Schlüsselarten (Einzelarten, die für die Funktion oder Erhaltung ganzer Ökosysteme besondere Bedeutung besitzen, z. B. Afrikanischer Elefant)
  • Schirmarten (durch den Schutz einer attraktiven Art sollen weitere Arten mitgeschützt werden, z. B. Berggorilla)
  • Zielarten (Arten, die in ihren Lebensraumansprüchen repräsentativ für zahlreiche weitere Arten sind, z. B. Eremit – Käferart auf Totholz) und
  • Indikatorarten (Arten, die durch ihr Vorkommen den Wert/die Güte eines Lebensraumes anzeigen, z. B. Dreieckstrudelwurm im Fließgewässer.

Rechtsgrundlage für den Artenschutz in Deutschland ist das Bundesnaturschutzgesetz:
https://www.gesetze-im-internet.de/bnatschg_2009/index.html

Dieses unterscheidet zwei Schutzstufen:

Der Schutzstatus von Arten beruht auf nationalen und internationalen Abkommen:

Internationale Artenschutzprogramme:

Weitere Links:


Tierschutz:
Im Gegensatz zum Artenschutz, der auf Populationsebene ansetzt und Arten schützen will, zielt der Tierschutz auf das einzelne Tier und seine Unversehrtheit ab. Es geht darum, dem einzelnen Tier ein artgerechtes Leben zu ermöglichen.

Tierschutz ist als Staatsziel im Grundgesetz verankert und wird im Tierschutzgesetz (http://www.gesetze-im-internet.de/tierschg/) grundsätzlich geregelt. Das Gesetz regelt die sach- und artgerechte Haltung, den Umgang mit und die Nutzung von Tieren durch den Menschen.

Die Durchführung des Tierschutzgesetzes und der auf dessen Grundlage erlassenen Verordnungen ist Sache der Länder, die damit in der Regel die Kreisverwaltungsbehörden (d. h. Landkreise und kreisfreie Städte) beauftragen und dort Veterinärämter einrichten. Einige Bundesländer wie Baden-Württemberg, Hessen, Berlin und das Saarland haben Landestierschutzbeauftragte bestellt, die als Berater und Ansprechpartner fungieren und über keine behördlichen Kompetenzen verfügen.

Der Deutsche Tierschutzbund wurde im Jahre 1881 als Dachorganisation der Tierschutzver­eine und Tierheime in Deutschland gegründet (https://www.tierschutzbund.de/). Heute sind ihm 16 Landesverbände und mehr als 740 örtliche Tierschutzvereine mit über 550 vereinseigenen Tierheimen /Auffangstationen und mehr als 800.000 Mitgliedern aus allen Teilen der Bundesrepublik angeschlossen. Er ist damit Europas größte Tier- und Natur­schutzdachorganisation.

Die Tierethik befasst sich mit ethischen Überlegungen zum Umgang mit Tieren:
https://de.wikipedia.org/wiki/Tierethik
Eine leitende Fragestellung der Tierethik ist, ob Tiere Träger intrinsischer Werte sind. Hierbei werden auch subjektive Rechte der Tiere, sogenannte Tierrechte, diskutiert. Siehe hierzu das Buch von

Norbert Hörster: Haben Tiere eine Würde? Grundfragen der Tierethik (Beck’sche Reihe, 2004).

Zusammenfassung des Verlags:

„Wie soll der Mensch mit dem Tier umgehen? Soll er überhaupt auf Tiere Rücksicht nehmen oder Tiere schützen? Der Autor behandelt diese Fragen im Rückgriff auf die philosophischen Grundlagen jeder Tierethik. Er zeigt, dass sich weder auf eine religiöse noch auf eine metaphysische Normenordnung Forderungen nach einem Tierschutz stützen lassen.

Als einzige rationale Basis des Tierschutzes kommt eine altruistische Einstellung des Menschen zum Wohl des Tieres in Betracht. Auf dieser Basis läßt sich, wie der Autor im Detail argumentiert, zwar kein generelles Tötungsverbot von Tieren begründen, wohl aber die Verpflichtung zu einer weitgehenden Rücksichtnahme auf die Leidensfähigkeit von Tieren.“

Weitere Links:

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3. Böden und Biodiversität

Böden sind der belebte Teil der obersten Erdkruste. Sie haben eine Mächtigkeit von wenigen Zentimetern bis hin zu mehreren Metern. Über viele Jahrtausende bilden sie sich aus dem anstehenden Gestein, das verwittert und sich durch den Einfluss von Moosen, Flechten, Pilzen, Bakterien und Kleinstlebewesen zu lockeren Sedimenten zersetzt.

Mineralische und biologische Prozesse verbinden sich und bilden so im Zusammenspiel vieler Umwelteinflüsse unterschiedlichste Bodentypen aus. Diese bodenbildenden Prozesse sind sehr komplex. Die Abb. im Folgenden zeigt diesen Prozess nochmal anschaulich und vereinfacht: http://hypersoil.uni-muenster.de/0/img/04_2.jpg

Entwicklung von Böden (Bodentypen):

Die Ausbildung von Bodenhorizonten:

Der Bodenatlas Deutschlands:

Die Bodenart richtet sich nach der Zusammensetzung eines Bodens  anhand der Korngrößen (Sand, Schluff, Ton, Lehm):

Böden sind lebendige Systeme und bilden damit die Basis unserer Nahrungsketten. Sie bieten Lebensraum für die größte Dichte an verschiedenen Arten (Biodiversität), von denen viele noch nicht einmal erforscht sind. Dazu gehören Bakterien, Einzeller, Pilze, Algen, Würmer, Krebstiere, Spinnentiere, Tausendfüßer und zahlreiche Insektenordnungen.

Die Gesamtheit der im Boden lebenden Organismen (Mikroflora, Mikrofauna, Meso- und Makrofauna) bezeichnet man als Edaphon.

(http://hypersoil.uni-muenster.de/0/06/03.htm)

Die Nahrungsaufnahme der Pflanzen in den Böden geschieht über ein hochkomplexes Symbiosenetzwerk, in denen Pilze (Mykorrhiza) eine entscheidende Rolle spielen:

Das folgende Lehrbuch zur Mikrobiologie des Bodens setzt gute Kenntnisse der allgemeinen Mikrobiologie und Bodenkunde voraus:

  • Ottow, JCG (2011). Mikrobiologie von Böden. Biodiversität, Ökophysiologie und Metagenomik. Berlin [u.a.]: Springer.

Guter, bebilderter Überblick über Bodenleben:

  • Manuskript „Bodenorganismen und Biodiversität“ von Berndt-Michael Wilke (PDF)

Degradierte Böden

Bodendegradation (Verschlechterung der Bodenqualität) ist das Problem unserer Zeit. Sie kann bis zum völligen Verlust der ökosystemaren Dienstleitungen führen; die Qualität des Bodens sinkt soweit ab, dass der Boden nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden kann. Die Ursachen dafür sind vielfältig:

1. Bodenerosion durch Wind (Verlagerung von Bodenmaterial)

Die Bodenerosion durch Ausblasung (Wind) ist bedingt durch die Bodenbeschaffenheit und den Feuchtigkeitsgehalt (Erodierbarkeit des Bodens), durch Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen (kein Schutz durch geschlossene Pflanzendecke, keine Hecken und Bäume an Feldrainen) und der Stärke des Windes selbst. In trockenen (ariden) Gebieten kann es bis zu Verwüstungen von Landschaften führen (Desertifikation).

2. Bodenerosion durch Wasser (Verlagerung von Bodenmaterial)

Wie auch bei der Bodenerosion durch Wind, ist die Erosion durch Niederschläge abhängig vom Bewuchs der Fläche, weiterhin durch die Bodenart, aus der sich der Erodierbarkeitsfaktor ableitet, der Topographie (Hangneigung) und der Kraft des Niederschlages (Erosivität).

3. Verlust der Artenvielfalt in den Böden

Umweltbundesamt (2015): Gefährdung der Biodiversität

Umweltbundesamt (2013): Verlust der Biodiversität

4. Chemische Degradation (Bodeninterne Umwandlung)

  • Nährstoffverlust
  • Versalzung (mehr Wasser verdunstet als Niederschlag hinzukommt)
  • Schadstoffbelastung (Klärschlamm, Altlasten, Pestizide u.a.)
  • Versauerung (organischer Dünger, saurer Regen)
  • Eutrophierung (Überschuss an Nährstoffen durch Überdüngung)

5. Physikalische Degradation (Bodeninterne Umwandlung)

  • Überbauung und Abdichtung von Böden (Siedlungen, Verkehr, Industrie, u.a.)
  • Verdichtung Druckeinwirkung von Ackergeräten
  • Überweidung

https://bodendegradation.de/

Weitere Links zu Bodendegradation

Europäische Umweltagentur / UNEP-Regionalbüro f. Europa (2000): Auf dem Boden der Tatsachen, Bodendegradation und nachhaltige Entwicklung in Europa

Energiepflanzen und Maisanbau. Auswirkungen auf die Böden.

Flächenverbrauch

Bodendegradation durch Anbau von Futtermitteln

Allgemeine Literaturhinweise zum Boden:

Das Standardwerk:

  • Scheffer/Schachtschabel (2010): Lehrbuch der Bodenkunde (Hrsg., H.-P. Blume, G. W. Brümmer), 569 S.

Sehr anschaulich, leicht verständlich und auch für Jugendliche geeignet:

  • Helga Zumkowsky-Xylander et al. (2017): Die dünne Haut der Erde, Ausstellungsführer zur Wanderausstellung des Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz, 84 S.

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4. Biogeographie

Biogeographie ist die Wissenschaft von der Verbreitung und der Ausbreitung der Organismen auf der Erde (auf erdgeschichtlicher Zeitskala). Damit kombiniert sie hauptsächlich Bereiche der Biologie und Geographie, aber auch der Paläontologie und Geologie. Oft wird auch zwischen Tiergeographie und Pflanzengeographie unterschieden. Eine weiterführende Definition bieten die Spektrum-Seiten:

https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/biogeographie/8629

Ein Lehrvideo in englischer Sprache stellt die grundlegenden Konzepte der Biogeographie dar.

https://www.youtube.com/watch?v=utmf8yeFZqs

Die Biogeographie ist ganz offensichtlich eine Wissenschaft, die durch ihre Datensammlungen und deren Interpretationen sehr viele Belege für die Evolution der Arten in der Tier- und Pflanzenwelt liefert. Der hier verlinkte Artikel gibt die Erkenntnisse der Biogeographen am Beispiel Südamerikas wider.

https://www.spektrum.de/news/rueckgrat-der-evolution/978526

Ein klassisches und sehr altes Beispiel für ein Ergebnis aus dem interdisziplinären Forschungsfeld der Biogeographie ist die „Fossilien Karte von Snider-Pellegrini-Wegener“, die zeigt, wie Pflanzen und Tiere vor etwa 175 Millionen Jahren über den Superkontinent Pangaea verbreitet waren.

Das Modell erklärt, wo identische Fossilien und geologische Ähnlichkeiten in verschiedenen Regionen der Welt gefunden werden und wie die Populationen der Arten später – durch die Prozesse der Plattentektonik – räumlich isoliert wurden und sich im Laufe der Zeit unabhängig voneinander, ihrer Umgebung entsprechend, weiter entwickeln konnten.

Zu aktuellen biogeografischen Regionen in Europa gibt es bei der European Environment Agency (https://www.eea.europa.eu/) Informationen zu verschiedensten Biodiversitätsthemen

https://www.eea.europa.eu/themes/biodiversity 

sowie Reports, Datensätze und Karten der biogeographischen Regionen Europas. Da die Daten aus dem Jahr 2002 stammen, wird auf den Internetseiten explizit darauf hingewiesen, dass sich in der Zwischenzeit die Grenzen der biogeografischen Regionen verändert haben können.

https://www.eea.europa.eu/publications/report_2002_0524_154909/biogeographical-regions-in-europe

Was in den aktiven Forschergruppen auf dem Gebiet der Biogeographie an Themen bearbeitet wird, kann man unter den folgenden zwei Links sehen, die zur Arbeitsgruppe von Prof. Hickler beim Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum und zur Forschergruppe „Functional Biogeography“ am Max-Planck-Institut für Biochemie führen:

http://www.bik-f.de/root/index.php?page_id=257

https://www.bgc-jena.mpg.de/functionalbiogeography/index.php

Bereits in der neunten Auflage erscheint das englischsprachige Lehrbuch des Autoren-Trios Cox & Moore & Ladle „BIOGEOGRAPHY – An Ecological and Evolutionary Approach“ (Wiley).

Die internationale Biogeographie Gesellschaft (International Biogeography Society https://www.biogeography.org/) beschreibt die Bedeutung des Faches auf ihren Internetseiten.

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5. Bioenergie

Bioenergie ist die Energie, die aus Biomasse gewonnen wird. Das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie definiert Biomasse wie folgt:

„Biomasse ist die gesamte durch Pflanzen, Tiere, Pilze, Mikroorganismen und Menschen anfallende oder erzeugte organische Substanz. Für die Energieerzeugung bedeutsam sind Holz, Energiepflanzen, landwirtschaftliche Koppelprodukte und Reststoffe sowie sonstige biogene Rest- und Abfallstoffe. Biomasse gehört zu den Erneuerbaren Energieträgern und  steuert einen bedeutenden Teil zur Strom-, Wärme- und Kraftstoffversorgung bei.“ (STMWI 2014: 10)

Biomasse ist zudem gespeicherte Sonnenenergie (diese wird von Pflanzen durch Photosynthese in Biomasse chemisch gebunden) und „regenerativer Energieträger, der zur Deckung der Energienachfrage in unterschiedlichen Märkten (Strommarkt, Wärmemarkt, Kraftstoffmarkt) beitragen kann“ (Kaltschmitt et al. 2016: 181).

Eingesetzt werden kann Biomasse als fester, flüssiger oder gasförmiger Brennstoff zur Wärmebereitstellung, zur Stromerzeugung  (z.B. im Rahmen der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), bei der die eingesetzte Energie zugleich in mechanische oder elektrische Energie und nutzbare Wärme innerhalb eines thermodynamischen Prozesses umgewandelt wird; https://www.umweltbundesamt.de/daten/energie/kraft-waerme-kopplung-kwk#textpart-1) oder als Kraftstoff.

Biomasse wird nach Kaltschmitt et al. (2016: 182) weltweit genutzt als:

  • biogene Festbrennstoffe
  • Biogas
  • Ethanol
  • Biodiesel

Die Nutzung von Biomasse zur Energieerzeugung hat Vorteile, denn sie schont knapper werdende fossile Brennstoffe. Die Vorteile der Biomasse sind einleuchtend: Es wird nicht mehr Kohlendioxid freigesetzt, als zuvor von den Pflanzen aufgenommen wurde. Allerdings sind auch zahlreiche Nachteile dokumentiert. Hier einige Beispiele:

  • Abholzung der Regenwälder durch den Anbau von Energiepflanzen
  • Anbau von (Mais-)Monokulturen, die für Tiere keinen Lebensraum darstellen
  • Gefährdung der Artenvielfalt (Biodiversität)
  • Bodendegradation (s.o.)

Weiterführende Literatur und Materialien

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6. Windkraftanlagen und Vögel

Wind ist eine saubere, erneuerbare und unbegrenzte Energiequelle. Die Nutzung der Windkraft liefert einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung des Ausstoßes klimaschädlicher Gase und neue Windkraftanlagen schießen in vielen Regionen wie Pilze aus dem Boden.

Doch Windkraftanlagen haben auch Nachteile für die Umwelt, denn sie können eine Gefährdung für Vögel und Fledermäuse darstellen, da diese nicht selten mit den Windkrafträdern kollidieren bzw. dem Unterdruck zum Opfer fallen:

http://www.ardmediathek.de/tv/W-wie-Wissen/Wie-gef%C3%A4hrlich-sind-Windkraftanlagen-f%C3%BCr/Das-Erste/Video?bcastId=427262&documentId=37504746

In Deutschland sind nach Mäusebussarden Rotmilane am zweithäufigsten von Kollisionen mit Windrädern betroffen:
https://www.rotmilan.org/windenergie/

Eine vom BMU geförderte Studie des NABU untersuchte die Gefährdung von Rotmilanen, Wiesenweihen und Seeadlern durch Windkraftanlagen und fand heraus, dass im Bereich von 1250 Metern um den Horst der Greifvögel das Kollisionsrisiko besonders hoch sei:
https://bergenhusen.nabu.de/imperia/md/nabu/images/nabu/einrichtungen/bergenhusen/projekte/bmugreif/endbericht_greifvogelprojekt.pdf

Windparks sollten deshalb in ausreichend großem Abstand zu den Horsten von Greifvögeln errichtet werden, und sie gehören nicht an Gewässer oder in Wälder. Auch sollten laut der Vogelwarte der Schweiz Windkraftanlagen nicht an Orten, an denen sich Vögel infolge topographischer und thermischer Bedingungen aus einem großen Einzugsgebiet konzentrieren, errichtet werden: http://www.vogelwarte.ch/de/projekte/konflikte/voegel-und-windkraftanlagen

Zudem wurden andere Maßnahmen zum Schutz der Tiere ergriffen: in einigen Windparks wurden automatische Abschalt-Algorithmen an den Windrädern installiert, die berücksichtigen, bei welchen Windgeschwindigkeiten und in welchen Zeiträumen Fledermäuse unterwegs sind, um diese möglichst wenig zu gefährden:
http://www.daserste.de/information/wissen-kultur/w-wie-wissen/artensterben-116.html

Weitere Links:

Anmerkungen zu der von Prof. Krüger in der Sendung zitierten PROGRESS-Studie (2016, siehe http://bioconsult-sh.de/de/projekte/progress/):
Die Ergebnisse der Studie sind nach Ansicht von Kritikern weniger eindeutig als teilweise dargestellt wurde – der Vollständigkeit halber soll dies hier ergänzt werden: Die Studie sei sowohl im Hinblick auf die Statistik als auf auch die kausalen Zusammenhänge nicht unproblematisch. Kritikpunkte:

  • Es wurden insgesamt 291 Vögel gefunden. Davon 25 Mäusebussarde und 5 Rotmilane. Das sind sehr kleine Fallzahlen, die die vorgenommenen Hochrechnungen sehr fehleranfällig machen.
  • Es wurde über lediglich zwölf zusammenhängende Wochen einmal wöchentlich nach Totfunden von Vögeln gesucht. Es wurde ein Zeitraum gewählt, der die Suche erleichtert, nämlich mit größtenteils abgemähten Feldern. Flug- und Jagdaktivitäten eines Greifvogels sind allerdings jahreszeitlich unterschiedlich stark ausgeprägt. Das wurde nicht berücksichtigt.
  • Der kausale Zusammenhang der Vogelfunde (die tatsächliche Todesursache) mit den Windenergieanlagen wurde nicht untersucht. Kein Vogel wurde geröntgt oder seziert. Bei  im Gebiet von Wetterau und Vogelsberg wurden hingegen tot aufgefundene Greifvögel veterinärmedizinisch untersucht, bei keinem Vogel ergaben sich Indizien, die die Kollision mit einer Windenergieanlage als Todesursache nahelegen. Als wahrscheinlichere Ursache ergaben sich Kollisionen mit Kfz, schlechte Ernährungslage und Erkrankungen wie die Vogelgrippe. Damit soll nicht gesagt sein, dass eine Kollision mit Windenergieanlagen ausgeschlossen werden kann. Aber, dass die Annahmen (!), die der Studie zugrundeliegen, viel zu einfach sind.
  • Im untersuchten Gebiet stehen viele ältere, schnell laufende Anlagen mit geringen Rotorhöhen. Moderne Anlagen lassen sowohl von der Bauart, als auch von der Windparkkonzeption kleinere Kollisionsraten erwarten.Vergleicht man die Vogelschlagrate von Windenergieanlagen mit anderen Verursachern, erkennt man, dass Windenergieanlagen nicht sonderlich relevant sind. Ihr Anteil am Vogelschlag beträgt weniger als 1% (laut BMU). Der Kfz-Verkehr ist um ein Vielfaches bedeutender. An erster Stelle stehen übrigens Glasfassaden. Die Progress-Studie hat denn auch keinen Nachweis geliefert, dass Windenergieanlagen für einen Artenrückgang verantwortlich sind. Die Ursachen hierfür liegen mit Sicherheit an anderer Stelle, beispielsweise im Bereich der Landwirtschaft, an der zunehmenden Bodenversiegelung und nicht zuletzt am Klimawandel. Verglicht man die Energieformen, so stehen alle konventionellen Kraftwerksarten weit vor der Windenergienutzung. Nur die Solarenergie steht besser da. Ersetzt man aber die Kohleverstromung durch Strom aus Windenergie, könnte man die Vogel-Todesrate um 98% senken (Benjamin K. Sovacool, https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0960148112000857).

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Zusatzmaterialien als PDF zum Herunterladen

Die Materialien wurden zum Zugriffszeitpunkt 11.04.2018 erstellt von:
Volker Mosbrugger, Sybille Roller, Francesco Lupusella, Anja Waldbauer und Annette Kolb.