16 Forschung am Menschen: welche Grenzen für klinische Studien?

Autorin: Isabel Reifenrath

Forschung am Menschen: welche Grenzen für klinische Studien?

Ohne Forschung am Menschen gäbe es keinen medizinischen Fortschritt. Ist die Forschung am Menschen ethisch aber nur dann vertretbar, wenn die Person, an der geforscht wird, selber von der Teilnahme profitieren kann? Und darf an Menschen geforscht werden, die nicht einwilligungsfähig sind, zum Beispiel  weil sie unter einer fortgeschrittenen Alzheimer-Krankheit leiden?

Bisher gilt, dass die freiwillige Zustimmung eines Studienteilnehmers unbedingt erforderlich ist, klinische Studien an nicht einwilligungsfähigen demenzkranken Menschen sind in Deutschland – noch – verboten. Jetzt werden die bisherigen Vorschriften gelockert.

Kirchen und Behindertenvertretungen sind gegen Gesetzesänderung

Im November 2016 hat der Bundestag nach sehr kontroversen Beratungen dafür einer Neuregelung des Arzneimittelgesetzes auf den Weg gebracht. Sie soll bis spätestens Sommer 2018 vollständig in Kraft treten.

Die Kirchen und Behindertenvertretungen waren gegen diese Änderung Sturm gelaufen. Welche Grenzen brauchen klinische Studien heute?

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Sendung als Podcast

Download Funkkolleg Biologie und Ethik (16), MP3-Audioformat, 25:19 Min., 46.3 MB

Sendung in hr-iNFO: 03.03.2018, 11:30 Uhr

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Zusatzmaterial

  1. Demenz und ihre Behandlungsmöglichkeiten
  2. Forschung und klinische Studien am Menschen. Gesetzeslage und Zulassung von Medikamenten
  3. Euthanasieverbrechen
  4. Nürnberger Ärzteprozess, Nürnberger Kodex
  5. Arzneimittelgesetz
  6. Patientenverfügung
  7. Ethische Abwägungen bei klinischen Studien
  8. Placebo-Medikament
  9. Deklaration von Helsinki

1. Demenz und ihre Behandlungsmöglichkeiten

„In Deutschland sind etwa 1,6 Millionen Menschen von einer Demenzerkrankung betroffen (2016). Die meisten sind 85 Jahre und älter.“

Auf den Seiten der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V. (DAlzG) werden viele Informationen bereitgestellt. Z.B. findet man dort Erklärungen über die verschiedenen Arten von Demenzerkrankungen und auch zu den Forschungszweigen, die sich mit der Entwicklung von Medikamenten gegen die Erkrankung beschäftigen. Darunter im Zusammenhang mit der Sendung passend die letzte Frage Nr. 13: was kann ich (als demenzerkrankter Mensch) für die Forschung tun?

https://www.deutsche-alzheimer.de/die-krankheit/haeufige-fragen-faq.html

Den Unterschied zwischen Demenz und Alzheimer geben folgende zwei Seiten der Alzheimer Association klar wieder:

https://www.alz.org/de/was-ist-alzheimer.asp

https://www.alz.org/de/was-ist-demenz.asp

Im Infoblatt der DAlzG wird aufgeführt, welche medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten es gibt:

https://www.deutsche-alzheimer.de/fileadmin/alz/pdf/factsheets/Infoblatt5_Medikamente.pdf

Die DAlzG-Seiten zur aktuellen Forschung geben breite Informationen zu Forschungsverbünden, Projekte, Links zu Forschungsprojekten, etc.

https://www.deutsche-alzheimer.de/die-krankheit/forschung.html

Im dort verlinkten DAlzG-Merkblatt zur wichtigsten klinischen Forschung (https://www.deutsche-alzheimer.de/fileadmin/alz/pdf/factsheets/FactSheet12_2012.pdf) wird folgendes angeführt:

„Die Behandlung der Alzheimer-Krankheit befindet sich gegenwärtig in einem Übergang zwischen herkömmlichen Medikamenten, welche nur die Symptome beeinflussen (Hemmstoffe der Cholinesterasen, Glutamat-Antagonisten) und neuen pharmakologischen Strategien, die darauf abzielen, den zu Grunde liegenden Nervenzelluntergang zu verlangsamen oder ganz aufzuhalten.

Zum Nachweis der Wirksamkeit dieser neuen Substanzen muss in Studien von langer Dauer die Beobachtung von Symptomen durch die Messung der Hirngröße, der Nervenzellaktivität oder der Ablagerung krankhafter Stoffwechselprodukte ergänzt werden.“

Anfang des Jahres 2018 berichtete die Presse über neue Behandlungsmöglichkeiten gegen Alzheimer, der Artikel verlinkt ganz am Ende auf einen Bericht, der eine Vielzahl von Medikamenten und deren voraussichtliches Erscheinen auf dem Markt listet. Der Zulassung geht eine Testphase voran, in der die Medikamente in klinischen Studien mit statistischem Ausmaß getestet werden:

https://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/gehirn/demenz/demenz-3-neue-ansaetze-im-kampf-gegen-das-vergessen_id_8194339.html

Auf den Seiten der international tätigen gemeinnützigen Alzheimer’s Association wird über aktuelle Forschung zu Alzheimer und Demenz berichtet:

https://www.alz.org/de/forschung-alzheimer-demenz-gehirn.asp

und weiterführend (in englischer Sprache) über den derzeitigen Horizont der Forschung:

https://www.alz.org/research/science/alzheimers_treatment_horizon.asp

Im Verlauf einer Demenzerkrankung gerät der/die Betroffene zwangsläufig in einen geistigen Zustand, der Entscheidungen nicht mehr zulässt. An dieser Stelle treten die in der Sendung genannten ethischen Konflikte der fremdnützigen Forschung an nicht-einwilligungsfähigen Menschen auf, was klinische Studien angeht.

Diese Problematik wird im Speziellen dadurch verschärft, dass im Jahr 2016 eine Ausnahmeregelung geschaffen wurde:
„Seit der Novellierung des Arzneimittelgesetzes im Dezember 2016 ist auch eine gruppennützige Forschung an nicht-einwilligungsfähigen Personen auf der Basis einer Verfügung erlaubt. Die DAlzG hat dazu eine lange, detaillierte Stellungnahme abgegeben.“

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2. Forschung und klinische Studien am Menschen. Gesetzeslage und Zulassung von Medikamenten

Ein langer Fachartikel der Pharmazeutischen Zeitung aus dem Jahr 2011 beschreibt die Phasen der klinischen Entwicklung eines Arzneimittels sehr detailliert und übersichtlich. Fachbegriffe werden erklärt, vor allem die verschiedenen Typen von Studien werden erläutert.

Wichtig zu wissen: kein neuer Arzneistoff kann auf den Markt gelangen, ohne dass er in klinischen Studien an Menschen getestet wurde:

„Jeder neue Arzneistoff muss das klinische Prüfprogramm durchlaufen. Dies gilt auch für pflanzliche Arzneistoffe oder Homöopathika, die für eine bestimmte Indikation zugelassen werden sollen. Will der pharmazeutische Unternehmer die Indikation eines bereits zugelassenen Arzneimittels erweitern, muss er hierfür erneut klinische Prüfungen der Phase II und III vorlegen. Für die Zulassung eines Arzneistoffs bei Kindern verlangen die Behörden zwingend Studien bei Kindern und Jugendlichen.

Am Ende des Artikels befinden sich Links zu der dem Artikel zugrunde liegenden Literatur. Leider sind viele Links zu Gesetzen und Verordnungen überholt, sodass im Anschluss (bzw. unter Abschnitt 7) die wichtigsten neu recherchiert eingefügt sind.

https://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=38743

Die im Artikel genannte, umfangreiche Verordnung zur Guten Klinischen Praxis findet man hier:

http://www.gesetze-im-internet.de/gcp-v/

Einige Zuständigkeiten bzgl. der Zulassung von Arzneimitteln werden nach und nach durch europäisches Recht geregelt, die Verordnungen der einzelnen Mitgliedsstaaten bedürfen dann ebenfalls einer entsprechenden Überarbeitung. Dies ist beispielsweise der Fall bei der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur:

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/de/ALL/?uri=CELEX%3A32004R0726

Dem im Artikel angeführten kritischen Hinweis auf die Publikation von Professor Dr. Thomas Cerny aus dem Jahre 2008 muss weiter nachgegangen werden, wenn man versucht, die in Deutschland gängigen Freigabeverfahren einzuordnen. An Beispielen aus der Onkologie hat  Cerny die Grenzen und Fallen klinischer Studien aufgezeigt, die im Prinzip für alle Indikationsgebiete gelten. Er zog aufgrund der damaligen Statistik folgendes Fazit:

„Der Anteil der akademischen, nicht kommerziellen Forschung in der Klinik ist auf unter 20 Prozent zurückgegangen. Heute dominiert die kommerzielle Arzneimittelforschung.

Cerny weist darauf hin, dass die Ergebnisse der kommerziellen Forschung viel häufiger als in der akademischen Forschung zugunsten des neuen Medikaments ausfallen. Dies gelingt unter anderem mit einem »geschickten« Studiendesign.“
(Quelle: https://www.karger.com/Article/Abstract/113035, zahlungspflichtig)

Mit dieser Meinung ist er nicht alleine, auch ein Professor der renommierten Stanford University kritisiert in einem Artikel der Süddeutschen Zeitung die gängige Praxis und Ergebnisse der klinischen Studien:

http://www.sueddeutsche.de/wissen/klinische-forschung-oft-falsch-und-nutzlos-1.3046050

In einem Kurzbeitrag bei DAZ-Online wird z.B. angeführt, dass die zur Bewertung einer klinischen Studie nötigen Informationen oft bei der Veröffentlichung der Daten fehlen. Dieses Phänomen tritt überwiegend bei den Studien auf, die nicht aus dem Forschungsumfeld einer Universitätsklinik stammen:

https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2012/01/22/bewertung-von-klinischen-studien

Der Artikel basiert auf einer Stellungnahme des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (https://www.iqwig.de/de/startseite.2724.html, Stellungnahme siehe http://www.bmj.com/content/344/bmj.d8141) zum WHO-Statement zur Offenlegung von Ergebnissen klinischer Studien (http://www.who.int/ictrp/results/reporting/en/). Dort heißt es u.a.:

„Journal publications do not seem to be the most appropriate reporting format of clinical trials any more. Research has shown that journal publications only include very limited information on study methods and results [5-8]. Similar limitations have been shown for trial (results) registries [6-9].

The primary reporting format should be the full clinical trial protocol (including any amendments and analysis plans), the full clinical study report according to ICH E3 (where available), and a standardized full presentation of all trial results in a database. These materials should be available within 12 months after study completion (also defined in the WHO statement as “last subject last visit”).“

In Deutschland werden die Ergebnisse klinischer Studien beim Deutschen Register Klinischer Studien gesammelt (https://www.drks.de/drks_web/). Das DRKS arbeitet international eng vernetzt nach den WHO-Standards. Die WHO bündelt die Aktivitäten zur Registrierung klinischer Studien über die International Clinical Trials Registry Platform ICTRP (http://www.who.int/ictrp/en/).

Natürlich ist die Erhebung von Daten nicht alles, sie müssen auch entsprechend korrekt interpretiert werden. In einer fiktiven Diskussion zwischen Ärzten werden die fünf schärfsten Kritikpunkte an der Interpretation der Statistiken bei klinischen Studien klar – zugegebenermaßen sehr fachspeziell und statistiklastig, aber auch sehr aufschlussreich.

https://www.aerzteblatt.de/archiv/41130/Klinische-Studien-und-Statistik-Von-der-Wahrscheinlichkeit-des-Irrtums

Wichtig werden im Kontext der klinischen Studien, dass es Instanzen gibt, die den wirtschaftlichen Interessen der Pharma-Unternehmen, die in ihren eigenen Forschungsabteilungen klinische Tests durchführen, unabhängige und fachlich kompetente Prüfungen und ethische Richtlinien entgegensetzen.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nimmt hier eine Schlüsselposition ein: Es ist die Zulassungsbehörde für Humanarzneimittel. Es bietet darüber hinaus wissenschaftliche und verfahrenstechnische Beratung, Portfolio-Gespräche, gemeinsame Beratungen mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss (oberstes Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland) und kann in Zulassungsverfahren zu jeder Zeit eingebunden werden.

https://www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/Arzneimittelzulassung/_node.html

Sera, Impfstoffe, Testallergene, Testsera und Testantigene sowie Blutzubereitungen werden vom Paul-Ehrlich-Institut zugelassen.

https://www.pei.de/DE/home/de-node.html

Das Bundesministerium für Gesundheit, das Bundesforschungsministerium weitere Beteiligte aus Forschung und Wissenschaft, Industrie, Gewerkschaft sowie Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung und der pharmazeutischen Verbänden haben sich 2015 und 2016 im „Pharmadialog“ der Bundesregierung intensiv zu den Bereichen Forschung und Entwicklung, Produktion und Versorgung ausgetauscht. Die Ergebnisse des Pharmadialogs sind hier zusammengefasst:

https://www.bundesgesundheitsministerium.de/ministerium/meldungen/2016/pharmadialog.html

Klinische Studien werden durchgeführt, um wirksame und gleichzeitig unschädliche Medikamente zu entwickeln. Nicht jeder würde sich freiwillig als ProbandIn zu einer Studie anmelden, obwohl es hohe Sorgfaltsanforderungen an die Durchführung der Studien gibt. Gesundheitlicher Schaden für die ProbandInnen scheint durch die Vorschriften weitestgehend ausgeschlossen. Dennoch, ein Restrisiko besteht immer.

https://www.aerzteblatt.de/archiv/79084/Teilnahme-an-Klinischen-Pruefungen-Spezielle-Art-des-Geldverdienens

Auch aus juristischer Sicht ist es ein schwieriges Feld, welches Julia Achtmann in ihrem 2013 bei Springer erschienenen Studie ausführlich behandelt: „Der Schutz des Probanden bei der klinischen Arzneimittelprüfung: unter besonderer Berücksichtigung der Haftung der Beteiligten und der Probandenversicherung“. Die Autorin gelangt zu dem Ergebnis, dass Verfasserin gelangt zu dem Ergebnis, „dass das derzeitige Schadensausgleichsmodell in weiten Teilen unangemessen ist und stellt Reformüberlegungen an“.

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3. Euthanasieverbrechen

Forschung am Menschen hat eine dunkle Vergangenheit. In den Dreißiger Jahren führten Ärzte in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten Versuche an Menschen durch, bei denen Hunderttausende ermordet wurden.

Die Nationalsozialisten hatten sehr genaue Vorstellung davon, wie ein „guter Deutscher“ sein sollte. Wer Hitlers Idealbild nicht entsprach, wurde aussortiert und oftmals auch ermordet.

„Euthanasie“ nannten die Nationalsozialisten den „schönen“ oder „guten Tod“ und verschleierten damit die systematische Vernichtung von Menschen mit einer geistigen Behinderung oder psychischen Krankheit. Schloss Grafeneck auf der Schwäbischen Alb ist der Ort, an dem 1940 die Massenmorde begannen. Birgit Klaus und Dennis Wilms reden darüber mit dem Historiker Thomas Stöckle, Leiter der Gedenkstätte Grafeneck.

Das Video ist auch direkt über die Mediathek abrufbar: http://www.ardmediathek.de/tv/Planet-Wissen/Euthanasie-im-Dritten-Reich/SWR-Fernsehen/Video?bcastId=25233996&documentId=32346146

  • Stöckle, T (2002). Grafeneck 1940. Die Euthanasie-Verbrechen in Südwestdeutschland. Tübingen: Silberburg-Verl.
  • Stöckle, T (1998). Die „Aktion T4“. Die „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ in den Jahren 1940/41 und die Heilanstalt Christophsbad in Göppingen. Göppingen: Jüdisches Museum.

„Ärzte ohne Gewissen. Menschenversuche im Dritten Reich“. Filmdokumentation von Ernst Klee, 58 Minuten:

„Alles Kranke ist Last. Die Kirchen und die Vernichtung lebensunwerten Lebens“. Filmdokumentation von Ernst Klee und Gunnar Petrich aus dem Jahr 1988, der den Umgang der Kirchen mit den systematischen Morden zur Zeit des Nationalsozialismus als Teil der nationalsozialistischen „Rassenhygiene“ von 1933 bis 1945 aufzeigt.

Werke von Ernst Klee

  • Klee, E (1983). »Euthanasie« im NS-Staat. Die »Vernichtung lebensunwerten Lebens«. Frankfurt am Main: Fischer.
  • Klee, E (1985). Dokumente zur »Euthanasie«. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag.
  • Klee, E (1986). Was sie taten – was sie wurden. Ärzte, Juristen und andere Beteiligte am Kranken- oder Judenmord. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag.
  • Klee, E (1997). Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer. Frankfurt am Main: Fischer.
  • Klee, E (2001). Deutsche Medizin im Dritten Reich. Karrieren vor und nach 1945. Frankfurt am Main: Fischer.
  • Klee, E (2007). Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Frankfurt am Main: S. Fischer.

Weiterführende Literatur

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4. Nürnberger Ärzteprozess, Nürnberger Kodex

Der Nürnberger Ärzteprozess führte dazu, dass man sich wieder auf eine individuelle medizinische Ethik besann. Der im Urteil formulierte Nürnberger Kodex gilt bis heute. Er ist eine zentrale, ethische Richtlinie zur Vorbereitung und Durchführung medizinischer, psychologischer und anderer Experimente am Menschen und besagt, dass bei medizinischen Versuchen die freiwillige Zustimmung eines Studienteilnehmers unbedingt erforderlich ist.

  • Bartens, W (2010). Nürnberger Kodex. Anklage, Urteile, Folgen. SZ Online (http://www.sueddeutsche.de/leben/nuernberger-kodex-anklage-urteile-folgen-1.732916)
  • Braun, K (2013). Bioethik, Öffentlichkeit, Politik. Bundeszentrale für politische Bildung Online (http://www.bpb.de/gesellschaft/umwelt/bioethik/160165/bioethik-oeffentlichkeit-politik)
  • Annas, GJ & Grodin, MA (Hrsg.) (1992). The Nazi Doctors and the Nuremberg Code. Human Rights in Human Experimentation. Oxford: Oxford University Press.
  • Katz, J (1998). Menschenopfer und Menschenversuche. Nachdenken in Nürnberg, in: Kolb, S/ Seithe, H & IPPNW (Hrsg.). Medizin und Gewissen. 50 Jahre nach dem Nürnberger Ärzteprozess. Kongreßdokumentation. Frankfurt: Mabuse Verlag, 225-243.
  • Peter, J (1996). Die Reaktion Viktor von Weizsäckers auf den Nürnberger Ärzteprozess. Vortrag gehalten am 25.10.1996 auf dem IPPNW-Kongreß „Medizin und Gewissen“ in Nürnberg. (PDF)
  • Frewer, A (2008). Medizingeschichte, Ethik und Menschenrechte. Vom Nürnberger Ärzteprozeß zum Genfer Gelöbnis. MenschenRechtsMagazin 13 (2): 142-154. (PDF)
  • Hepp, H (2000). „Nürnberger Kodex“ – Ethik und Medizin nach dem Nürnberger Ärzteprozeß, in: Berg, D/ Diedrich, K & Rauskolb, R (Hrsg.). 52. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Berlin [u.a.]: Springer, 527-528.
  • Wuermeling, HB (2000). Nürnberger Kodex 1997, in: Berg, D/ Diedrich, K & Rauskolb, R (Hrsg.). 52. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Berlin [u.a.]: Springer, 529-531.
  • Honnefelder, L (2000). Vom Nürnberger Kodex zur Menschenrechtskonvention zur Biomedizin des Europarats, in: Berg, D/ Diedrich, K & Rauskolb, R (Hrsg.). 52. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Berlin [u.a.]: Springer, 532-533.

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5. Arzneimittelgesetz

Das deutsche Arzneimittelgesetz regelt den Verkehr mit Arzneimitteln im Interesse einer ordnungsgemäßen und sicheren Arzneimittelversorgung von Mensch und Tier. Inhaltlich steht es nah zum Betäubungsmittelgesetz und dem Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz.
(Quelle: Wikipedia).

Unter folgendem Link ist das Arzneimittelgesetz von 1976 (mit letzter Novellierung von 2017) in seiner aktuellen Version abrufbar:
https://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/AMG.pdf

Ein Artikel in der Pharmazeutischen Zeitung online von 2011 fasst seine Entwicklung, eine „50-jährige Erfolgsgeschichte“, zusammen:

https://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=38784

Wie eine aktualisierende Überarbeitung sich auswirkt, kann man am Beispiel der Novellierung des AMGs aus dem Jahr 1998 hier sehen:

https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/1998/daz-7-1998/uid-2721

oder an der folgenden Stellungnahme des Bundesgesundheitsministeriums zur Änderung des AMGs aus dem Jahr 2016:

https://www.bundesgesundheitsministerium.de/ministerium/meldungen/2016/4-amg-novelle-verabschiedet.html

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6. Patientenverfügung

Das deutsche Referenzzentrum für Ethik in den Biowissenschaften beschäftigt sich auf seiner Webseite ausführlich mit den rechtlichen Regelungen und ethischen Aspekten von Patientenverfügungen:

http://www.drze.de/im-blickpunkt/patientenverfuegungen

Auf der Seite des Bundesgesundheitsministeriums finden sich weitere Informationen sowie Vorgaben und Textbausteine als Anregung und Formulierungshilfe für eigene Patientenverfügungen:

https://www.bundesgesundheitsministerium.de/patientenverfuegung.html

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7. Ethische Abwägungen bei klinischen Studien

Auf den Seiten des Ethikrates finden sich einige Materialien zu den ethischen Aspekten klinischer Forschung. Besonders hervorzuheben ist, dass „der Forschung mit nicht einwilligungsfähigen Personen [besondere Aufmerksamkeit gilt]. Einerseits sind diese vor Instrumentalisierung zu schützen, andererseits bewirkt ein vollständiges Forschungsverbot, dass diese Personen (zum Beispiel Kinder, Menschen mit Behinderung, von Demenz betroffene Menschen) von den Fortschritten in der Medizin ausgeschlossen sind.“

Diese Abwägungen werden in den auf der Seite zusammengestellten Materialien vertieft:

http://www.ethikrat.org/themen/forschung-und-technik/klinische-forschung

In einer Schriftenreihe des Instituts für angewandte Ethik e. V. (http://www.ethik-institut.de) beschäftigt sich ein ganzer Band mit den ethischen Grenzen der Forschung am Menschen:

Brudermüller, G/ Hauck, ME/ Lücker, PW/ Seelmann, K & Westhofen, M (Hrsg.) (2005). Forschung am Menschen. Ethische Grenzen medizinischer Machbarkeit (Schriftenreihe des Instituts für angewandte Ethik e.V.; Band 5). Würzburg: Königshausen & Neumann. (http://www.ethik-institut.de/band_5)

Zum Thema der zunehmenden Verlagerung klinischer Studien ins außereuropäische Ausland, wo die rechtlichen Regularien weniger streng sind, fasst ein kurzer Artikel des Deutschen Ärzteblattes die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE im Bundestag zusammen. Danach müssen Tests dort unter gleichwertigen Bedingungen wie in der Europäischen Union durchgeführt werden:

https://www.aerzteblatt.de/archiv/132338/Klinische-Studien-Ethische-Standards-gelten-weltweit

Die vollständige Antwort auf die Anfrage „Todesfälle bei klinischen Studien deutscher Pharmaunternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern“ findet sich hier:

http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/109/1710911.pdf

Auch auf der Webseite der gemeinnützigen BUKO Pharma-Kampagne, die das Geschäftsverhalten deutscher Pharmakonzerne im globalen Süden untersucht, findet sich eine Themenseite zu klinischen Studien, die immer häufiger in Entwicklungsländern durchgeführt werden:

http://www.bukopharma.de/index.php?page=klinische-forschung

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8. Placebo-Medikament

Ein Placebo ist Scheinarzneimittel, das keinen Arzneistoff enthält und somit auch keine durch einen solchen Stoff verursachte pharmakologische Wirkung haben kann. Placebos werden in placebokontrollierten klinischen Studien eingesetzt, um die therapeutische Wirksamkeit verschiedener Verfahren erfassen zu können. Wie echte Medikamente können Placebos Krankheitssymptome deutlich bessern, wenn der Patient an ihre Wirksamkeit glaubt.

Der entsprechende Wikipedia-Artikel gibt einen umfassenden Überblick über die Wirkung von und die Forschung zu Placebos, mit zahlreichen Links und Literaturverweisen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Placebo

Die ethischen Fragen, die sich bei der Verwendung von Placebos stellen, werden in einigen im folgenden aufgelisteten Artikeln aufgegriffen:

In einem Beitrag der Fachzeitschrift „Psychiatrische Praxis“ diskutieren Wissenschaftler das Für und Wider der Verwendung von Placebos. Ihr Fazit: Nur in Ausnahmefällen sollte es erlaubt sein, Placebos im klinischen Alltag einzusetzen:
https://www.thieme.de/de/presse/placebos-32873.htm
https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/html/10.1055/s-0029-1223375

Eine umfangreiche Stellungnahme des wissenschaftlichen Beirats der Bundes­ärzte­kammer zum Thema Placebo findet sich in diesem Artikel des Ärzteblattes:

https://www.aerzteblatt.de/archiv/77606/Stellungnahme-des-Wissenschaftlichen-Beirats-der-Bundesaerztekammer-Placebo-in-der-Medizin

Das Laborjournal widmet der Frage der Placebo-Ethik in der Medizin einen längeren Artikel:

http://www.laborjournal.de/editorials/1067.lasso

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9. Deklaration von Helsinki

Als Deklaration von Helsinki wird eine Deklaration des Weltärztebundes zu den ethischen Grundsätzen für die medizinische Forschung am Menschen bezeichnet. Sie wurde 1964 von der 18. Generalversammlung des Weltärztebundes in Helsinki verabschiedet und seitdem mehrfach revidiert. Um die Risiken und möglichen Missbrauch klinischer Studien einzuschränken, hat der Weltärztebund die Deklaration von Helsinki im Jahr 2013 überarbeitet.

http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/klinische-studien-weltaerztebund-ueberarbeitet-deklaration-von-helsinki-a-929185.html

Die genannte Deklaration von Helsinki ist unter dem folgenden Link in ihrer aktuellen (2013) deutschen Version als PDF herunterzuladen. In der Präambel heißt es unter anderem:

„Der Weltärztebund (WMA) hat mit der Deklaration von Helsinki eine Erklärung ethischer Grundsätze für medizinische Forschung am Menschen, einschließlich der Forschung an identifizierbaren menschlichen Materialien und Daten, entwickelt.“

http://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/Deklaration_von_Helsinki_2013_DE.pdf

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Zusatzmaterialien als PDF zum Herunterladen

Die Materialien wurden zum Zugriffszeitpunkt 28.02.2018 erstellt von:
Volker Mosbrugger, Sybille Roller, Francesco Lupusella und Julia Krohmer.