15 Enhancement: schöner, schneller, klüger?

Autorin: Renate Müller

Enhancement: schöner, schneller, klüger?

Botox, Hirndoping oder „Self tracker“, mit denen das eigene „Ich“ rund um die Uhr vermessen wird nach dem Motto: „Wer nichts misst, kann auch nicht besser werden“ – Möglichkeiten, sich selbst zu optimieren, gibt es in unserer Gesellschaft mittlerweile zuhauf. Alles aus sich herausholen, ständig an sich arbeiten und seine Leistung steigern – das sogenannte „Enhancement“ verspricht die Verbesserung von Körper und Geist – bei einem eigentlich gesunden Menschen wohlgemerkt.

Das wirft viele Fragen auf: Was steckt hinter diesem Drang, sich permanent optimieren zu wollen, welchen Druck übt die Leistungsgesellschaft dabei aus, welchen Preis hat das „Enhancement“, und welche Hilfsmittel akzeptiert die Gesellschaft? Oder auch anders herum: was spricht eigentlich gegen den Wunsch, sich verbessern zu wollen? Schließlich ist der Drang nach Fortschritt, der Wunsch, über die eigenen Kräfte hinauszuwachsen, so alt wie die Menschheit.

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Sendung als Podcast

Download Funkkolleg Biologie und Ethik (15), MP3-Audioformat, 27:13 Min., 49.8 MB

Sendung in hr-iNFO: 24.02.2018, 11:30 Uhr

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Zusatzmaterial

  1. Self tracking / Quantified self
  2. Human enhancement
  3. Neuroenhancement
  4. Transkranielle Gleichstromstimulation
  5. Neuroethik
  6. Nahrungsergänzungsmittel

 1. Self tracking / Quantified self

Selbstvermessung, auch „Quantified self“ genannt, ist derzeit in aller Munde: Zahlreiche Methoden sowie Hard- und Softwarelösungen und Apps helfen, in Verbindung mit Sensor-Armband, -Gürtel, -Brille  („Wearables„) und Smartphone, dabei, das eigene Leben möglichst komplett aufzuzeichnen, zu analysieren und auszuwerten. Dies erfolgt über eine möglichst vollständige Erfassung umwelt- und personenbezogener Daten.

Ein zentrales Ziel stellt dabei der Erkenntnisgewinn u. a. zu persönlichen, gesundheitlichen und sportlichen, aber auch gewohnheitsspezifischen Fragestellungen dar. Experten sehen dies zwiespältig: Self-Tracking könne eine Motivation sein, einen aber auch verunsichern, und evtl. mit einem Verlust des eigenen Körpergefühls und der Fähigkeit zur Selbsteinschätzung einhergehen. Außerdem werden zahlreiche sehr sensible Daten gesammelt.

Zahlreiche Medienbeiträge haben sich in den letzten Jahren mit diesem Trend beschäftigt und geben einen guten Überblick über die Diskussion:

Die deutsche Community der Selbstvermesser hat sich zu einem Netzwerk mit regelmäßigen Austauschformaten und Konferenzen zusammengeschlossen:

http://qsdeutschland.de/

Englischsprachiger TED-Talk (~ 5 min) zum Thema „Quantified Self“:

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2. Human enhancement

Definition:
„Human Enhancement dient der Erweiterung der menschlichen Möglichkeiten und der Steigerung menschlicher Leistungsfähigkeit, letztlich also – aus Sicht der Betroffenen und Anhänger – der Verbesserung und Optimierung des Menschen. Ausgangspunkt sind kranke oder gesunde Menschen, die mit Wirkstoffen, Hilfsmitteln und Körperteilen versorgt und mit Technologien verbunden werden.“
(aus http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/human-enhancement.html)

Schon seit einigen Jahren werden Möglichkeiten und ethische Grenzen der „Verbesserung“ des Menschen unter Geistes- und Naturwissenschaftlern kontrovers diskutiert. Das Ärzteblatt berichtete ausführlich über eine Fachkonferenz, die schon 2011 zum Thema stattfand:

Risiken und Nebenwirkungen werden in einem Artikel des Journals Politik Digital zusammengefasst:

Siehe auch eine Einführung zum Thema:

Das Thema steht auch international stark im Fokus, im Folgenden eine Auswahl internationaler Artikel dazu:

  • Juengst, E & Moseley, D (2016). Human Enhancement, in: Zalta, EN (Hrsg.). The Stanford Encyclopedia of Philosophy (https://plato.stanford.edu/archives/spr2016/entries/enhancement/)
  • Miah, A (2011). Ethical Issues Raised by Human Enhancements, in: Gonzalez, F (Hrsg.). Ethics and Values for the 21st Century, BBVA Spain, 167-196 (PDF)
  • Miah, A (2009). Human Enhancement in Performative Cultures. Annales de Philosophie, 171-192. (PDF)
  • Miah, A (2009). Human Enhancement: A Reply to Mehlman. Issues in Science and Technology, 5 (4): 6-8. (PDF)
  • Miah, A (2013). Justifying Human Enhancement: The Accumulation of Biocultural Capital, in: More, M & Vita More, N (Hrsg.). The Transhumanist Reader: Classical and Contemporary Essays on the Science, Technology, and Philosophy of the Human Future, Oxford: Wiley Blackwell, 291–301. (DOI: 10.1002/9781118555927) (PDF)

Besonders intensiv wird Human Enhancement im Sport diskutiert, wo es die Grenzen der menschlichen Leistungsfähigkeit noch weiter verschieben soll:

  • Miah, A (2015). Human Enhancement & Sport. Convergence in Science & Technology (Second Edition), Springer Reference.
  • Miah, A (2004). Genetically Modified Athletes: Biomedical Ethics, Gene Doping and Sport. New York: Routledge.
  • Miah, A (2016). Human Enhancement in Sports, in: Bainbridge, WS & Roco, MC (Hrsg.). Handbook of Science and Technology Convergence. Cham: Springer, 815-831. (DOI: 10.1007/978-3-319-07052-0_85)
  • Miah, A (2009). The Ethics of Human Enhancement in Sport, in: Luppicini, R & Adell, R (Hrsg.). Handbook of Research on Technoethics. Idea Group Publishing, 69-84. (PDF)

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3. Neuroenhancement

Der Wikipedia-Artikel zum Thema Neuro-Enhancement gibt einen guten Überblick über die pharmakologischen Möglichkeiten zur Leistungssteigerung des Gehirns (auch Gehirndoping genannt) und führt auch einige interessante Quellen auf:

Bei einer Veranstaltung der Heinrich-Böll-Stiftung an der Goethe-Universität Frankfurt/Main im Rahmen der Reihe „Böll Kontrovers“ wurde 2014 darüber diskutiert, wie Neuro-Enhancement unser Denken verändert. Die Diskussion kann hier angesehen werden:

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4. Transkranielle Gleichstromstimulation

Die transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) ist ein sehr altes Verfahren, das derzeit in der Forschung eine Renaissance erfährt. Dabei leitet man mittels Elektroden am Kopf einen schwachen Strom von ca. 1-2 mA durch den Schädel ins Gehirn. Auf diesem Weg lässt sich die elektrische Aktivität von Neuronen beeinflussen. Forscher versuchen mit dieser Methode, Depressionen zu lindern oder die Gedächtnisprobleme von Alzheimerpatienten zu verringern.

Hersteller haben nun diese Methode kommerzialisiert. Sie haben Tools zur Optimierung der Hirnleistung gesunder Menschen entwickelt und behaupten, man könne damit seine kognitive Leistung verbessern.

  • Dtsch Arztebl (2017). Depression: Transkranielle Gleichstrom­stimulation enttäuscht in Vergleichsstudie. (https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/76703/Depression-Transkranielle-Gleichstromstimulation-enttaeuscht-in-Vergleichsstudie)
  • Paulus, W (2015). Hirnmanipulation per Hightech. Spektrum Online (http://www.spektrum.de/news/transkranielle-hirnstimulation-als-therapie/1345240)
  • Wolf, C (2015). 5 Fakten zur Hirnstimulation. Spektrum Online (http://www.spektrum.de/wissen/5-fakten-zur-hirnstimulation/1426782)
  • Nitsche, MA & Paulus, W (2007). Transkranielle Gleichstromstimulation, in: Siebner, HR & Ziemann, U (Hrsg.). Das TMS-Buch. Berlin [u.a.]: Springer, 533-542. (DOI: 10.1007/978-3-540-71905-2_53)
  • Paulus, W (2014). Transkranielle Hirnstimulation: Möglichkeiten und Grenzen. Neuroforum 20 (2): 202-211. (DOI: 10.1515/nf-2014-0202) (PDF)
  • Sehm, B & Obrig, H (2017). Transkranielle Gleichstromstimulation zur Unterstützung der Sprachtherapie – wissenschaftliche Evidenz und klinische Perspektiven, in: Bilda, K/ Mühlhaus, J & Ritterfeld, U (Hrsg.). Neue Technologien in der Sprachtherapie. Stuttgart: Thieme, 151-163. (DOI: 10.1055/b-0036-139229)
  • Bodatsch, M (2014). Transkranielle Gleichstromstimulation bei psychischen Störungen, in: Kuhn, J & Gaebel, W (Hrsg.). Therapeutische Stimulationsverfahren für psychiatrische Erkrankungen. Ein Praxisbuch. Stuttgart: Kohlhammer, 157-168.
  • Kayser, S/ Walter, H & Schläpfer, T (2010). Elektrokrampftherapie und neue Hirnstimulationsmethoden. Nervenheilkunde 29 (3): 117-123. (PDF)
  • Gschwind, M (2017). Transcranial Direct-Current Stimulation as Treatment in Epilepsy. Epileptologie 34: 10-18. (PDF)
  • Soff, C et al. (2017). Transcranial direct current stimulation improves clinical symptoms in adolescents with attention deficit hyperactivity disorder. J Neural Transm 124 (1): 133-144. (DOI: 10.1007/s00702-016-1646-y)
  • Sotnikova, A et al. (2017). Transcranial Direct Current Stimulation Modulates Neuronal Networks in Attention Deficit Hyperactivity Disorder. Brain Topogr 30 (5): 656-672. (DOI: 10.1007/s10548-017-0552-4)
  • Palm, U et al. (2016). Transcranial direct current stimulation in children and adolescents: a comprehensive review. J Neural Transm 123 (10): 1219-1234. (DOI: 10.1007/s00702-016-1572-z)
  • Jalali, R et al. (2018). Neural changes associated with cerebellar tDCS studied using MR spectroscopy. Exp Brain Res: 1-10. (DOI: 10.1007/s00221-018-5170-1) (PDF)
  • Hadoush, H et al. (2018). Bilateral anodal transcranial direct current stimulation effect on balance and fearing of fall in patient with Parkinson’s disease. NeuroRehabilitation 42 (1): 63-68. (DOI: 10.3233/NRE-172212)
  • Vöröslakos, M et al. (2018). Direct effects of transcranial electric stimulation on brain circuits in rats and humans. Nat Commun 9 (1): 483. (DOI: 10.1038/s41467-018-02928-3) (PDF)
  • Elsner, B et al. (2016). Transcranial direct current stimulation (tDCS) for idiopathic Parkinson’s disease. Cochrane Database Syst Rev 7: CD010916. (DOI: 10.1002/14651858.CD010916.pub2)
  • Harty, S/ Brem, A-K & Cohen Kadosh, R (2016). Neurocognitive Effects of tDCS in the Healthy Brain, in: Brunoni, A/ Nitsche, M & Loo, C (Hrsg.). Transcranial Direct Current Stimulation in Neuropsychiatric Disorders. Cham: Springer, 103-141. (DOI: 10.1007/978-3-319-33967-2_7)
  • Harty, S/ Sella, F & Cohen Kadosh, R (2017). Transcranial Electrical Stimulation and Behavioral Change: The Intermediary Influence of the Brain. Front Hum Neurosci 11: 112. (DOI: 10.3389/fnhum.2017.00112) (PDF)
  • Sarkar, A & Cohen Kadosh, R (2016). Transcranial electrical stimulation and numerical cognition. Can J Exp Psychol 70 (1): 41-58. (DOI: 10.1037/cep0000064)
  • Maslen, H et al. (2015). Do-it-yourself brain stimulation: a regulatory model. J Med Ethics 41 (5): 413-414. (DOI: 10.1136/medethics-2013-101692)
  • Fitz, NS & Reiner, PB (2015). The challenge of crafting policy for do-it-yourself brain stimulation. J Med Ethics 41 (5): 410-412. (DOI: 10.1136/medethics-2013-101458) (PDF)
  • Santarnecchi, E et al. (2015). Enhancing cognition using transcranial electrical stimulation. Curr Opin Behav Sci 4: 171-178. (DOI: j.cobeha.2015.06.003)
  • Iuculano, T & Cohen Kadosh, R (2013). The Mental Cost of Cognitive Enhancement. J Neurosci 33 (10): 4482-4486. (DOI: 10.1523/JNEUROSCI.4927-12.2013) (PDF).
  • Cohen Kadosh, R et al. (2012). The neuroethics of non-invasive brain stimulation. Curr Biol 22 (4): R108-111. (DOI: 10.1016/j.cub.2012.01.013) (PDF)

Roi Cohen Kadosh von der Universität Oxford diskutiert, wie die Verwendung nicht-invasiver elektrischer Hirnstimulation das Kopfrechnen unterstützen kann. Cohen Kadosh untersucht auch die ethischen Implikationen seiner Forschungsarbeit.

Roi Cohen Kadosh über die Wissenschaft hinter kommerziell verfügbaren Neurostimulationsgeräten und die Grenzen der Neurostimulation, die eher eine Beeinträchtigung als eine Verbesserung verursachen kann.

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5. Neuroethik

Das Thema Neuroethik wurde auch in Sendung 14 behandelt. Im Folgenden finden Sie weitere Artikel und Literaturempfehlungen zur ethischen Bewertung des Enhancement-Eingriffs.

  • Heilinger, JC (2016). Grenzen des Menschen. Zu einer Ethik des Enhancement. Bundeszentrale für politische Bildung Online (http://www.bpb.de/apuz/233466/grenzen-des-menschen-zu-einer-ethik-des-enhancement?p=0)
  • Dickel, S (2016). Der Neue Mensch – ein (technik)utopisches Upgrade. Der Traum vom Human Enhancement. Bundeszentrale für politische Bildung Online (http://www.bpb.de/apuz/233464/der-neue-mensch-ein-technikutopisches-upgrade-der-traum-vom-human-enhancement)
  • Galert, T (2016). Grundzüge einer ethischen Folgenbeurteilung gentechnologischen Neuroenhancements, in: Körner, S & Erber-Schropp, JM (Hrsg.). Gendoping. Herausforderung für Sport und Gesellschaft. Wiesbaden: Springer, 45-61. (DOI: 10.1007/978-3-658-12450-2_4)
  • Volkmann, J/ Schläpfer, T/ Bewernick, B/ Grippert, SM & Galert, T (2016). Tiefe Hirnstimulation. Neurologische, psychiatrische und philosophische Aspekte [Ethik in den Biowissenschaften – Sachstandsberichte des DRZE, Band 18, hrsg. v. Sturma, D & Lanzerath, D]. Freiburg: Alber.
  • Galert, T (2015). Impact of brain interventions on personal identity, in: Clausen, J & Levy, N (Hrsg.). Handbook of Neuroethics. Dordrecht: Springer, 407-422. (DOI: 10.1007/978-94-007-4707-4_12)
  • Galert, T (2015). Neuromedizin und Neurowissenschaften, in: Sturma, D & Heinrichs, B (Hrsg.). Handbuch Bioethik. Stuttgart: Metzler, 338-346.
  • Albrecht, H (2015). Hirn auf Hochtouren. ZEIT Online (http://www.zeit.de/2015/35/hirndoping-neuro-enhancer-medikament-konzentration)
  • Metzinger, TK (2012). Zehn Jahre Neuroethik des pharmazeutischen kognitiven Enhancements – Aktuelle Probleme und Handlungsrichtlinien für die Praxis. Fortschr Neurol Psychiat 80 (1): 36-43. (DOI: 10.1055/s-0031-1282051) (PDF)
  • Kipke, R (2011). Besser werden. Eine ethische Untersuchung zu Selbstformung und Neuro-Enhancement. Paderborn: mentis.
  • Fins, JJ et al. (2011). Ethical guidance for the management of conflicts of interest for researchers, engineers and clinicians engaged in the development of therapeutic deep brain stimulation. J Neural Eng 8 (3): 033001 (DOI: 10.1088/1741-2560/8/3/033001) (PDF)
  • Kipke, R/ Heimann, H/ Wiesing, U & Heinz, A (2010). Neuroenhancement. Falsche Voraussetzungen in der aktuellen Debatte. Dtsch Arztebl 107(48): A 2384-2387 (https://www.aerzteblatt.de/archiv/79523/Neuroenhancement-Falsche-Voraussetzungen-in-der-aktuellen-Debatte) (PDF)
  • Galert, T et al. (2009). Das optimierte Gehirn. Ein Memorandum zu Chancen und Risiken des Neuroenhancements. Gehirn&Geist 11: 40-48 (PDF)
  • Lüdemann, D (2009). Das optimierte Gehirn. ZEIT Online (http://www.zeit.de/wissen/2009-10/memorandum-hirnforschung)
  • Galert, T (2009). Wie mag Neuro-Enhancement Personen verändern?, in: Schöne-Seifert, B/ Talbot, D/ Opolka, U & Ach, JS (Hrsg.). Neuro-Enhancement. Ethik vor neuen Herausforderungen. Paderborn: mentis, 159-188.
  • Nagel, SK & Stephan, A (2009). Was bedeutet Neuro-Enhancement? Potentiale, Konsequenzen, ethische Dimensionen, in: Schöne-Seifert, B/ Talbot, D/ Opolka, U & Ach, JS (Hrsg.). Neuro-Enhancement. Ethik vor neuen Herausforderungen. Paderborn: mentis, 19-48.
  • Deutscher Ethikrat (Hrsg.) (2009). Der steuerbare Mensch? Über Einblicke und Eingriffe in unser Gehirn. Vorträge der Jahrestagung des Deutschen Ethikrates 2009. Berlin: MEDIALIS. (PDF)
  • Borchers, D (2008). Neuroenhancement. Über ein ethisches Problem aus dem Kontext der Neurowissenschaften. Information Philosophie 4: 46-51. (http://www.information-philosophie.de/?a=1&t=4766&n=2&y=1&c=76)

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6. Nahrungsergänzungsmittel

Ein Fünftel bis Viertel der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland greift heute zu Nahrungsergänzungsmitteln – für verschiedenste Zielgruppen und Bereiche gibt es „passende“ Produkte in einer schier unerschöpflichen Auswahl. Auch für eine Gehirnfunktions-Verbesserung hält die Nahrungsergänzungsmittel-Industrie ihre Produkte bereit. Die Verbraucherzentrale informiert, wie diese Wirkstoffe und Mittel zu bewerten sind:

https://projekte.meine-verbraucherzentrale.de/gehirn-nerven

Aber nicht nur die Gehirnfunktionen und Nerven sollen getriggert werden, auch die körperliche Fitness, das Aussehen und vieles mehr will der Kunde durch die Einnahme dieser Mittel verbessern.

Die Verbraucherzentrale nimmt Stellung zu den Versprechen, die von der Nahrungsergänzungsmittel-Werbung gemacht werden. Drei kleine Videoclips räumen anschaulich mit den Irrtümern zur Wirksamkeit von Gelenkmitteln, Sportler-Produkten und Anti-Aging-Produkten auf.

https://projekte.meine-verbraucherzentrale.de/informieren-fragen-beschweren#video-wundermittel

Es wird zudem weiterverlinkt zu aktuellen Verbraucherwarnungen zu verschiedenen Produkten, bei welchen gesundheitsschädliche Wirkungen auftreten können:

https://projekte.meine-verbraucherzentrale.de/verbraucherwarnungen

Die Verbraucherzentrale gibt hier recht detaillierte Informationen für verschiedene, typische Zielgruppen, bei denen eine Nahrungsergänzung sinnvoll erscheint: Schwangere und stillende Frauen, Sportler, Veganer, Kinder, ältere Menschen.

https://projekte.meine-verbraucherzentrale.de/zielgruppen-ganem

Auch nach den Produktgruppen sortierte Information kann hier abgerufen werden: Immunsystem, Schönheit, Bewegungsapparat, Gehirn/Nerven, Sport, Gesundheit, Herz/Kreislauf, Augen:

https://projekte.meine-verbraucherzentrale.de/produkte-ganem

Ein Statement zur Zufuhr von Nahrungsergänzungsmitteln wurde im letzten Jahr auch vom Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) abgegeben: außer bei Bevölkerungsgruppen mit erhöhtem Bedarf, wie z.B. Schwangeren oder bei Menschen mit bestimmten Erkrankungen, werden bei einer normalen Ernährung keine Nahrungsergänzungsmittel benötigt:

„Grundsätzlich braucht in Deutschland kein gesunder Mensch Nahrungsergänzungsmittel zu sich zu nehmen, erklärte Professor Helmut Heseker vom Institut für Ernährung, Konsum und Gesundheit der Universität Paderborn. „Die Vitaminversorgung ist gesichert. Nahrungsergänzungsmittel sind für gesunde Menschen nicht notwendig“, so Heseker.“

https://www.bzfe.de/inhalt/nahrungsergaenzungsmittel-meist-ueberfluessig-29532.html

Für wen es doch sinnvoll sein kann, seinem Körper Nahrungsergänzungsmittel zuzuführen, deutet ein Artikel einer Ernährungsberaterin auf den Seiten des NDR an. Am Ende des Artikels befindet sich auch eine Tabelle mit wichtigen Vitaminen, deren Aufgaben und den Nahrungsmitteln, welche sie liefern können:

https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Wie-sinnvoll-sind-Nahrungsergaenzungsmittel,nahrungsergaenzung6.html

Weitere Artikel weisen auf die erwiesenen Gefahren der Einnahme einzelner Vitamine hin:

https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/So-gefaehrlich-sind-Nahrungsergaenzungsmittel,nahrungsergaenzungsmittel104.html

Ein aktueller wissenschaftlicher Artikel zu Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln: Weißenborn, A et al. (2018). Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln. J Consum Prot Food Saf (DOI: 10.1007/s00003-017-1140-y) (PDF)

Dessen Inhalt ist praktisch zusammengefasst in dem folgenden Beitrag zu Höchstmengen für ausgewählte Mikronährstoffe:

https://www.in-form.de/wissen/nahrungsergaenzung-oft-zuviel-des-guten/

Die Europäische Kommission hat Vorschriften eingeführt, die dafür sorgen sollen, dass Nahrungsergänzungsmittel sicher und sachgerecht gekennzeichnet sind. In der Europäischen Union fallen Nahrungsergänzungsmittel unter dieselben Regelungen wie Lebensmittel, und die Gesetzgebung konzentriert sich auf Vitamine und Mineralstoffe, die als Zutaten von Nahrungsergänzungsmitteln zum Einsatz kommen.

Die wichtigste EU-Rechtsvorschrift diesbezüglich ist die Richtlinie 2002/46/EG über Nahrungsergänzungsmittel, die Vitamine und Mineralstoffe enthalten. Im Anhang II, der im Jahr 2009 nochmals aktualisiert wurde, werden die Stoffe gelistet, die den Nahrungsergänzungsmitteln für besondere ernährungsspezifische Zwecke zugesetzt werden dürfen.

https://www.efsa.europa.eu/de/topics/topic/food-supplements

Das Bundesinstitut für Risikobewertung bietet neben den grundlegenden Empfehlungen eine Reihe von Stellungnahmen an, die Empfehlungen zu Tageshöchstmengen und gesundheitliche Bewertungen zu einzelnen Zufuhrstoffen enthalten.

http://www.bfr.bund.de/de/presseinformation/2018/01/hoechstmengen_fuer_vitamine_und_mineralstoffe_in_nahrungsergaenzungsmitteln-203269.html

und

http://www.bfr.bund.de/de/gesundheitliche_bewertung_von_nahrungsergaenzungsmitteln-945.html

Unter den FAQs http://www.bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zu_nahrungsergaenzungsmitteln-10885.html

finden Sie bestimmt auch die Antworten auf einige Ihrer Fragen zum Thema.

Allgemeinverständlich erklärt werden auf den Seiten des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit die gesetzlichen Rahmenbedingungen, nach denen Nahrungsergänzungsmittel und Zusatzstoffe in Lebensmitteln verwendet werden dürfen und wie sie anzeigepflichtig sind:

https://www.bvl.bund.de/DE/01_Lebensmittel/04_AntragstellerUnternehmen/03_NEM/lm_nahrungsErgMittel_node.html

In einer übersichtlichen Tabelle werden die wichtigsten Unterschiede zwischen Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln gegenübergestellt:

https://www.bvl.bund.de/DE/01_Lebensmittel/03_Verbraucher/04_NEM/01_NEM_Arzneimittel/NEM_Arzneimittel_node.html

Für den beliebten Online-Kauf von Nahrungsergänzungsmitteln gibt es eine lange Liste von Do’s und Don’ts:

https://www.bvl.bund.de/DE/01_Lebensmittel/03_Verbraucher/04_NEM/02_NEM_online/NEM_online_node.html

Weiter auf den Seiten des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sind die Allgemeinverfügungen für Nahrungsergänzungsmittel genannt:

https://www.bvl.bund.de/DE/01_Lebensmittel/05_Fachmeldungen/2014/2014_02_14_Fa_Allgemeinverfuegungen.html

So werden mittels dieser Verfügungen z.B. die Tageshöchst-Einnahme-Empfehlungen geregelt, die auf der Packung nicht überschritten werden dürfen.

Auch die Stiftung Warentest hat sich für den Verbraucher des Nahrungsergänzungsmittel-Marktes angenommen:

https://www.test.de/thema/nahrungsergaenzungsmittel/tests/

Im Rahmen der Gesundheitsstudien und Ernährungssurveys entstanden in den letzten Jahren mehrere Berichte, welche auch Daten zum Konsum von Supplementen und deren Bezug zu BMI-Gruppen, sozioökonomischem Status und Geschlecht beinhalten. Im folgenden Bericht des Robert Koch Institutes ab Seite 120 ist dies im Kapitel 8 „Im Blickpunkt: Vitamin- und Mineralstoffsupplemente“ nachzulesen.

https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsB/was_essen_wir_heute.pdf?__blob=publicationFile

Den Leistungssport betreffend stellen sich weitere Probleme: Wie in einem ZEIT-Artikel (http://www.zeit.de/sport/2014-02/doping-nahrungsergaenzungsmittel-biathlon-sachenbacher-stehle/komplettansicht#info-nahrungsergaenzungsmittel-4-tab) beleuchtet, ist die Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln kritisch und tatsächlich ist der Grat zum Doping sehr schmal. Um für die Sportler die doch übliche Einnahme der Nahrungsergänzungsmittel dopingsicher zu gestalten, gibt es die sogenannte „Kölner Liste“ (https://www.koelnerliste.com/). In dieser öffentlich zugänglichen Datenbank kann man sich über die Inhaltsstoffe und deren Dopinggefahren genau informieren.

Dem Normalbürger, der seine Gehirnleistung auf Vordermann bringen möchte, wird von Wissenschaftlerseite empfohlen, eine ausgewogene Ernährung zu sich zu nehmen, welche gewährleistet, dass der Gehirnstoffwechsel gut funktioniert:

https://www.welt.de/gesundheit/article119081110/Welche-Nahrung-das-Gehirn-auf-Touren-bringt.html

Eine sehr differenzierte Gesamtbetrachtung der Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln in Haushalten (also bei Privatpersonen) liefert die anschließend verlinkte Dissertation aus der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld, in welcher die Mittel als „functional food“ bezeichnet werden. Das Inhaltsverzeichnis gibt den Überblick – wer schnell das Fazit lesen möchte, widmet sich den Unterkapiteln von Ziffer 4.

https://d-nb.info/969293003/34

Die Forschung beschäftigt sich in Langzeitprojekten, wie z.B. dem MOOD FOOD EU-Projekt (http://www.moodfood-vu.eu/) , mit den Wirkungen von gesunder bzw. kontrollierter Ernährung auf die Gehirnfunktionen.

Als weiteres Beispiel dafür, wie wichtig die Ernährung für die geistige Gesundheit ist, sei das Food & Mood Centre in Australien genannt. Dort wird im Forschungsbereich „Nutritional Psychiatry“ ganzheitliche Forschung betrieben. Die Untersuchungen zeigen bereits erste Ergebnisse dazu, dass viele Faktoren mitspielen und gesunde Ernährung nicht nur aus der puren Nährstoffzufuhr einzelner Bestandteile besteht:

http://foodandmoodcentre.com.au/category/emerging-evidence/

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Zusatzmaterialien als PDF zum Herunterladen

Die Materialien wurden zum Zugriffszeitpunkt 22.02.2018 erstellt von:
Volker Mosbrugger, Sybille Roller, Francesco Lupusella und Julia Krohmer.