Autorin: Antje Sieb
Reproduktionsmedizin, Embryonenforschung, Leihmütter-Varianten
Mehr als 6 Millionen Kinder weltweit wurden bereits im Labor gezeugt. Keimzellen werden dabei unterm Mikroskop sortiert, träge Spermien landen per Spritze direkt in der Eizelle. Rechtzeitig eingefrorene Eizellen sollen den Kinderwunsch absichern.
Helfen die in Deutschland erlaubten Techniken nicht weiter, greifen manche Paare zur Eizellspende im Ausland oder lassen den gewünschten Nachwuchs von Leihmüttern austragen. Damit wirft die Reproduktionsmedizin nach wie vor viele ethische Fragen auf.
Sendung als Podcast
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Sendung in hr-iNFO: 27.01.2018, 11:30 Uhr
Zusatzmaterial
- In-vitro-Befruchtung (IVF) und Präimplantationsdiagnostik (PID)
- Social Freezing
- Reception of Oocytes from a Partner (ROPA)
- Leihmutterschaft
- Embryonalentwicklung des Menschen
1. In-vitro-Befruchtung (IVF) und Präimplantationsdiagnostik (PID)
Die Themen In-vitro-Befruchtung und Präimplantationsdiagnostik wurden bereits in den vorangegangen Sendungen vorgestellt. Im Folgenden tragen wir die wichtigsten Punkte zusammen.
Einen kurzen Abriss der medizinisch-naturwissenschaftlichen Aspekte der Präimplantationsdiagnostik findet man auf den Seiten des Deutschen Referenzzentrums für Ethik in den Biowissenschaften: http://www.drze.de/im-blickpunkt/pid
Auf den Folgeseiten werden sowohl rechtliche Regelungen zur PID in verschiedenen Ländern als auch die ethischen Problemfelder der verschiedenen Verfahren und deren Anwendung erläutert:
- http://www.drze.de/im-blickpunkt/pid/rechtliche-aspekte
- http://www.drze.de/im-blickpunkt/pid/ethische-aspekte
Der Deutsche Ethikrat hat in seiner ausführlichen Stellungnahme aus dem Jahr 2011 die Thematik im Hinblick auf den Schutz des Embryos, auf die sozialethischen Aspekte einer möglichen (und unzulässigen) Selektion vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Rahmens erarbeitet. Die Stellungnahme enthält zuletzt auch drei z.T. ausführliche Voten: für ein gesetzliches Verbot, für eine begrenzte Zulassung der PID sowie ein Sondervotum.
http://www.ethikrat.org/dateien/pdf/stellungnahme-praeimplantationsdiagnostik.pdf
Dokumentiert sind die aktuelle Gesetzeslage und die Abstimmungsergebnisse aus dem Jahr 2011 auf den Seiten des Deutschen Bundestags:
http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2011/35036974_kw27_de_pid/205898
Einige Informationen auch über die Zahl der Fälle, in denen die PID bis dahin tatsächlich angewandt wurde, sind in den Parlamentsnachrichten vom Dezember 2015 zusammengestellt:
https://www.bundestag.de/presse/hib/2015-12/-/399534
Über das Pro und Contra der Präimplantationsdiagnostik wurde in Artikeln der Tageszeitung Die Welt und der Wochenzeitung Die Zeit diskutiert und berichtet, anlässlich der Debatte um die anstehende Verabschiedung des neuen Gesetzes.
- https://www.welt.de/print/die_welt/debatte/article10584532/Brauchen-wir-Praeimplantationsdiagnostik.html
- http://www.zeit.de/2011/04/PID-Gentes
Die Präimplantationsdiagnostik (PID) umfasst alle Methoden zellbiologischer und molekulargenetischer Untersuchungen, die der Entscheidung dienen, ob ein durch In-vitro-Fertilisation (IVF) erzeugter Embryo in die Gebärmutter eingepflanzt wird oder nicht.
Die PID wurde seit Anfang der 1990er Jahre weltweit bei mehr als 10.000 Zeugungen von Kindern angewendet.
Die Scobel-Sendung „Baby nach Plan“ diskutiert, ob Medizin Wunscherfüllung um jeden Preis ist und inwieweit die moderne Medizin auch die Grenzen des Machbaren respektieren und auch definieren muss. Die Sendung lotet die Möglichkeiten und Grenzen der Reproduktionsmedizin aus:
https://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=48638
Auch der folgende Beitrag des Deutschlandfunks fasst die ethischen Probleme der Reproduktionsmedizin zusammen:
- Rieger, L et al. (2007). In-Vitro-Fertilisation. Ein ethisches Dilemma. Dtsch Arztebl 104 (17): A 1146-1150. (https://www.aerzteblatt.de/archiv/55395/In-Vitro-Fertilisation-Ein-ethisches-Dilemma)
- Weiske, K/ Sauer, T/ Bals-Pratsch, M (2017). PID in Deutschland: Die Instanz der Ethikkommissionen – Betrachtungen aus ethischer Perspektive. J Reproduktionsmed Endokrinol 14 (3): 107-112. (PDF)
2. Social Freezing
Social Freezing – das vorsorgliche Einfrieren unbefruchteter Eizellen – gibt Frauen, die sich ihren Kinderwunsch zu einem späteren Zeitpunkt ihres Lebens erfüllen wollen oder gar müssen, die Chance auf eine Schwangerschaft. Vor der Eizellentnahme muss sich die Frau einer hormonellen Stimulation unterziehen. Die entnommenen Eizellen werden dann in flüssigem Stickstoff eingefroren und können über Jahrzehnte konserviert werden. Die IT-Unternehmen Apple und Facebook gaben 2014 bekannt, dass sie die Kosten eines Social Freezing für ihre Mitarbeiterinnen übernehmen würden. Kritische Stimmen ließen nicht lange auf sich warten. Im Folgenden finden Sie einige Artikel, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen.
- ZEIT Online (2014). Was ist Social Freezing? (http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2014-10/social-freezing-eizelle-faq).
- Nauber, T (2015). Social Freezing ist keine Babyversicherung. DIE WELT Online (https://www.welt.de/gesundheit/article144743279/Social-Freezing-ist-keine-Babyversicherung.html).
- Henn, V (2017). Social Freezing: Eizellen für die Schwangerschaft einfrieren. (https://www.wissensschau.de/reproduktionsmedizin/social_freezing_fruchtbarkeit_alter.php)
- Henn, V (2017). Social Freezing – blitzartiges Einfrieren von Eizellen. (https://www.wissensschau.de/reproduktionsmedizin/social_freezing_kryokonservierung.php)
- Henn, V (2017). Social Freezing – ein kontroverses Verfahren? (https://www.wissensschau.de/reproduktionsmedizin/social_freezing_ethik_kontroverse.php)
- von Wolff, M (2013). Social freezing: Sinn oder Unsinn? Schweizerische Ärztezeitung 94: 393-395. (DOI: 10.4414/saez.2013.01204) (PDF)
- von Wolff, M (2013). Anlage einer Fertilitätsreserve bei nicht-medizinischen Indikationen („Social freezing“): Techniken und kritische Bewertung. Journal für Gynäkologische Endokrinologie 7 (1): 14-18 (Ausgabe für Österreich). (PDF)
- Nawroth, F (2015). Social Freezing. Kryokonservierung unbefruchteter Eizellen aus nicht-medizinischen Indikationen. Wiesbaden: Springer. 41 Seiten, ISBN: 978-3-658-09891-9.
- Nawroth, F (2013). Social Freezing – Pro und Contra. Gynäkologe 46: 648-652. (DOI: 10.1007/s00129-013-3145-7) (PDF)
- Vorsamer, B (2014). Gefrierschrank macht noch keine Gleichberechtigung. SZ Online (http://www.sueddeutsche.de/karriere/einfrieren-von-eizellen-gefrierschrank-macht-noch-keine-gleichberechtigung-1.2174952)
- Langbehn, K & Keller, C (2014). Pro und Contra: „Social Freezing“. Emanzipation oder Ökonomisierung des Lebens? Tagesspiegel Online (http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/pro-und-contra-social-freezing-emanzipation-oder-oekonomisierung-des-lebens/10852250.html)
- Frost, S/ Karberg, S/ Monath, H & Keller, C (2014). Social Freezing. Apple, Facebook und der neue Weg für Karriere-Frauen. Tagesspiegel Online (http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/social-freezing-apple-facebook-und-der-neue-weg-fuer-karriere-frauen/10849946.html)
- Ohlendorf, D & Bundschuh, M (2015). Social Freezing. Kostenübernahme von Eizellkryokonservierungen durch US-amerikanische IT-Firmen. Zbl Arbeitsmed 65: 41-42. (DOI: 10.1007/s40664-014-0081-x) (PDF)
- Lindner, R (2014). Social Freezing. Das Einfrieren von Eizellen zahlt die Firma. FAZ Online (http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/agenda/social-freezing-apple-facebook-zahlen-einfrieren-von-eizellen-13209317.html)
- FAZ.NET (2014). Deutsche Kritik an „Social Freezing“. „Wir mischen uns nicht in die Familienplanung ein“ (http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/social-freezing-skepsis-gegen-firmenfinanzierte-eizell-einfrierung-13211868.html)
- Henckel, E (2014). Späte Mütter. Die schmerzhafte Realität des „Social Freezing“. DIE WELT Online (https://www.welt.de/vermischtes/article134388035/Die-schmerzhafte-Realitaet-des-Social-Freezing.html)
3. Reception of Oocytes from a Partner (ROPA)
ROPA steht für „Reception of Oocytes from a Partner“ und ist eine Fortpflanzungsmethode (IVF), die homosexuellen weiblichen Paaren einen Kinderwunsch erfüllt. Mit dieser Technik kann sich auch die andere Partnerin mehr zum Kind verbunden fühlen. Fertilitätskliniken im Ausland werben mit diesem Erlebnis: Beide Frauen nehmen am Schwangerschaftsprozess teil – die eine Partnerin spendet die Eizelle und die andere trägt das Kind aus.
Weiterführende Literatur:
- Di Nucci, E (2016). IVF, same-sex couples and the value of biological ties. J Med Ethics 42 (12): 784-787. (DOI: 10.1136/medethics-2015-103257) (PDF)
- Winter, GF (2016). Reception of oocytes from a partner. British Journal of Midwifery 24 (3): 160. (DOI: 10.12968/bjom.2016.24.3.160)
- Zeiler, K & Malmquist, A (2014). Lesbian shared biological motherhood: the ethics of IVF with reception of oocytes from partner. Med Health Care Philos 17 (3): 347-355. (DOI: 10.1007/s11019-013-9538-5) (PDF).
- Baetens, P & Brewaeys, A (2001). Lesbian couples requesting donor insemination: an update of the knowledge with regard to lesbian mother families. Hum Reprod Update 7 (5): 512-519. (DOI: 10.1093/humupd/7.5.512) (PDF)
- Lenzen-Schulte, M (2017). Wenn das Baby zum Fremdkörper wird. FAZ Online (http://www.faz.net/aktuell/wissen/medizin-ernaehrung/ungeahnte-risiken-von-eizellspenden-14966881.html)
- Lenzen-Schulte, M (2017). Künstliche Befruchtung im Ausland. Reisen und testen für ein Kind. Deutsches Ärzteblatt 114 (11): A-527 / B-456 / C-446. (PDF)
4. Leihmutterschaft
Wenn eine Frau aus medizinischen Gründen das eigene Kind nicht austragen kann, hat sie in einigen Ländern die Möglichkeit, das Kind von einer Leihmutter austragen zu lassen. Einen Überblick über die unterschiedlichen Modelle einer Leihmutterschaft und die gesetzliche Lage in Deutschland gibt der folgende Artikel des WDR:
- Peters, M & Rehren, S (2016). Künstliche Befruchtung. Leihmütter. Planet Wissen Online (http://www.planet-wissen.de/natur/forschung/kuenstliche_befruchtung/pwieleihmuetter100.html)
Auf ZEIT ONLINE (http://www.zeit.de/suche/index?q=leihmutterschaft), SPIEGEL ONLINE (http://www.spiegel.de/thema/leihmutterschaft), FAZ.NET (http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/thema/leihmutterschaft) und SZ.DE (http://www.sueddeutsche.de/thema/Leihmutter) finden Sie Artikel über die aktuelle Diskussion zum Thema Leihmutterschaft, die auf rechtliche und ethische Aspekte eingehen.
Weitere Zusatzinformationen zum Thema Leihmutterschaft
http://www.juwiss.de/verbot-der-leihmutterschaft-und-wer-denkt-an-die-kinder46-2017/
5. Embryonalentwicklung des Menschen
Als Embryo bezeichnet man die Leibesfrucht von der Befruchtung bis zum Abschluss der
Entwicklung der Organanlagen. Dieser Zeitraum heißt Embryonalperiode und dauert beim Menschen ca. 8 Wochen. Bis zur Geburt schließt sich die Fetalperiode an, und der Embryo wird nun als Fetus bezeichnet.
Kurz vor dem Eisprung ist die erste Reifeteilung der Eizelle beendet. Sobald das Spermium in die Eizelle eindringt, wird die zweite Reifeteilung abgeschlossen. In der Eizelle sind mütterliches und väterliches Erbgut als Vorkerne erkennbar. Mit der Vereinigung der Vorkerne ist die Befruchtung abgeschlossen und die Zygote (befruchtete Eizelle) beginnt sich zu teilen.
Nach der ersten Teilung besteht die Zygote aus zwei Blastomeren (2-Zellstadium). Die Zygote setzt ihre Teilung während des Transports durch den Eileiter fort. Nacheinander erreicht die Zygote das 4-Zellstadium, 8-Zellstadium und 16-Zellstadium. Ab 16 Blastomeren spricht man auch von der Morula (Maulbeerkeim).
Die Entwicklung von der ersten Teilung bis zur Morula wird als Furchung bezeichnet. Mit einer Zellzahl von 32-58 Blastomeren beginnt sich die Blastozyste zu bilden. Dabei differenzieren sich die außen liegenden Zellen zum umhüllenden Trophoblast und die inneren Zellen zum Embryoblast. Bevor sich die Blastozyste in der Gebärmutterschleimhaut einnistet, verlässt sie die Schutzhülle um die Eizelle (Zona pellucida oder Glashaut). Diesen Vorgang vor der Einnistung des Keims in das Endometrium bezeichnet man als „Hatching“ oder „Schlüpfen„.
Hier finden Sie einige Abbildungen zur Befruchtung, Frühentwicklung des Keimes und dessen Einnistung in die Schleimhaut des Uterus beim Menschen:
- http://www.drze.de/im-blickpunkt/abbildungen/pid_abb01/image_view_fullscreen
- https://st2.depositphotos.com/1752931/6094/i/950/depositphotos_60940343-stock-photo-human-ontogeny-fertilization-developmental-stage.jpg
- https://blog.lecturio.de/wp-content/uploads/2015/08/Tubenwanderung-e1438849049818.jpg
Der Zebrafisch ist ein wichtiger Modellorganismus für Entwicklungsbiologen (vgl. z.B. https://www.mpg.de/10886445/zebrafisch). Mit diesem Organismus lassen sich Zelllinien in der embryonalen Entwicklung im Zeitraffer aufnehmen. Hier einige Videos:
Weiterführende Literatur:
- Dietrich, Jens-Erik & Hiiragi, Takashi (2008). Vom Ei zum Embryo: Die erste Weiche stellt der Zufall. Forschungsbericht 2008 – Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin (https://www.mpg.de/328672/forschungsSchwerpunkt)
- Christ, Bodo & Wachtler, Franz (1998). Medizinische Embryologie. Molekulargenetik, Morphologie. Wiesbaden: Ullstein Medical.
- Sadler, Thomas W. (2014). Taschenlehrbuch Embryologie. Die normale menschliche Entwicklung und ihre Fehlbildungen. Begr. von Jan Langman. 12., überarb. und erw. Aufl. Stuttgart [u.a.]: Thieme.
- http://flexikon.doccheck.com/de/Befruchtung
- http://flexikon.doccheck.com/de/Embryo
- http://www.spektrum.de/lexikon/biologie/embryonalentwicklung/20995
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Die Materialien wurden zum Zugriffszeitpunkt 24.01.2018 erstellt von:
Volker Mosbrugger, Sybille Roller, Francesco Lupusella