10 Abschied vom Rassendenken: ein neuer Blick auf unseren Genpool

Autorin: Dagmar Röhrlich

Abschied vom Rassendenken: ein neuer Blick auf unseren Genpool

Der Begriff „Rasse“, wie wir ihn heute verstehen, stammt aus der Zeit, als Europäer fremde Kontinente und Kulturen für sich entdeckten. Im 18. Jahrhundert wollten Philosophen und Naturforscher die Welt ordnen und erklären.

Sie begannen, Menschen mit angeborenen, unveränderlichen Wesenszügen zu versehen und äußerlichen Unterschieden Wertungen beizumessen. So bildete der Begriff der „Rasse“ das geistige Fundament, auf dem sich der Kolonialismus entfalten konnte, der Imperialismus und später die völkischen Rassenideologien des 19. und 20. Jahrhunderts.

Und heute es ist es wieder die Wissenschaft, die diesen Begriff demontiert. Sie beweist: Alle Menschen, die jemals auf der Erde gelebt haben, sind durch ein genetisches Netzwerk verbunden.  Die „Rassen“, die im Lauf der Geschichte so viel Unglück gebracht hat, existieren überhaupt nicht. Und genau das macht Homo sapiens, macht uns moderne Menschen zu etwas Besonderem: dass wir eins sind, über alle Länder, Kulturen und Kontinente hinweg.

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Sendung als Podcast

Download Funkkolleg Biologie und Ethik (10), MP3-Audioformat, 24:25 Min., 44.7 MB

Sendung in hr-iNFO: 20.01.2018, 11:30 Uhr

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Zusatzmaterial

  1. Paläoanthropologie
  2. Stammbaum des Menschen
  3. Biokulturelle Evolution
  4. Der Rassenbegriff: Historie und Entwicklung
  5. Die Wiege der Menschheit
  6. Wanderwege des Menschen
  7. Das Neandertaler Genom und die Denisova-Menschen
  8. Genetik – Archäogenetik
  9. Die Entwicklung der Hellhäutigkeit

Buchempfehlungen zum Thema

  • Schrenk, Friedemann: Die Frühzeit des Menschen – Der Weg zum Homo Sapiens. C.H. Beck Wissen, 5., vollständig neubearbeitete und ergänzte Auflage, 2008. 128 S., mit 20 Abbildungen. ISBN 978-3-406-57703-1  (eine neue Auflage ist in Vorbereitung und erscheint voraussichtlich Ende 2018)
  • Wells, Spencer: The Journey of Man: A Genetic Odyssey. Princeton Science Library, 2017. ISBN: 978-0-691-17601-7.
  • Roberts, Alice: Die Anfänge der Menschheit: Vom aufrechten Gang bis zu den frühen Hochkulturen. Dorling Kindersley Verlag, München 2012. ISBN 978-3-8310-2223-6.
  • Stanford, C., Allen J.S., Anton, S.C.: Biological Anthropology: The Natural History of Humankind. Prentice Hall, 2005. ISBN-13: 978-0131828926

1. Paläoanthropologie

Die Erforschung der Ursprünge und der Entwicklung der Art Homo sapiens ist ein wissenschaftliches Feld, welches Inhalte aus der Anthropologie, der Paläontologie und der Archäologie in sich vereint. Die spezifischen Merkmale, die den Menschen ausmachen, haben sich über Jahrmillionen entwickelt und können aus den Fossilfunden z.B. aus deren Formen, aber auch chemischen Zusammensetzungen abgeleitet werden. In enger inter- und transdisziplinärer Forschungsarbeit werden z.B. Ergebnisse aus der Klimaforschung, Gesteins- und Fossildatierungen, Informationen zur Vegetation und aus archäologischen Grabungen, etc. zusammengeführt, um den Prozess der Menschwerdung zu rekonstruieren. Dabei liegt eine der größten Schwierigkeiten der „Beweisführung“ in der sehr kleinen Menge an bisher verfügbaren fossilen Belegstücken.

Eine Veröffentlichung von Winfried Henke aus dem Jahr 2007 erläutert die Inhalte, Methoden, Spezialitäten und Herausforderungen dieser innovativen Disziplin:

  • Winfried Henke: Paläoanthropologie – Standortbestimmung einer innovativen Disziplin. In: Archäologische Informationen, Band 30, Nr. 1, 2007, S. 1–23 (= Bulletin de la Société Suisse d’Anthropologie, Band 13, Nr. 1, 2007

http://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/arch-inf/article/viewFile/11358/5217

Einige interessante Berichte von aktuellen Entdeckungen und Forschungsergebnissen aus dem Themenbereich der Paläoanthropologie finden sich – journalistisch und populärwissenschaftlich aufbereitet – hier:

http://www.zeit.de/thema/palaeoanthropologie

Der folgende, lange englischsprachige Artikel von Schwartz & Tattersall aus dem Jahr 2010 gibt einen Einblick zur Herleitung der spezifischen Merkmale des Homo sapiens – und damit für seine Abgrenzung in der evolutionären Entwicklung. Der Text behandelt damit eine der Kernfragen im Feld der Paläoanthropologen.

http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ajpa.21443/full

Um einige Grundlageninformationen zur Evolution des Menschen und auch zur Paläoanthropologie zu erhalten, ist auf den hier verlinkten Seiten ein kompakter Abriss zu finden. Auch eine Tabelle zu absoluten Datierungsmethoden und eine Zusammenstellung der körperlichen Merkmale (z.B. geschätzte Größe, Gewicht, etc.) der Hominiden kann dort eingesehen werden:

http://www.praehistorische-archaeologie.de/wissen/grundlagen/evolution-des-menschen/

Im folgenden Videoclip erzählt Prof. Friedemann Schrenk woher der Mensch kommt:

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2. Der Stammbaum des Menschen

Je nachdem, wie weit man zurückgehen möchte, beginnt die Geschichte der Menschheit im frühen Miozän, als sich die evolutionäre Entwicklungslinie der damaligen Affen aufspaltete und eine Linie der Menschenaffen i.w.S oder sog. „Menschenartigen“ (Hominoidea) entstand. Diese Linie wiederum spaltete sich weiter auf, wobei eine der neuen, im Verlauf des Miozäns (23 – 5 Mio. Jahre vor heute) entstandenen Linien zu den afrikanischen großen Menschenaffen (Homininae) führte. Unter anderem getriggert durch Klima- und folglich Umweltveränderungen fanden weiträumige Verbreitungen und Weiterentwicklungen der verschiedenen Arten statt. Schließlich bildeten sich auch in einer Linie die kritischen Merkmale heraus, die den Weg zur Menschwerdung (sog. Hominisation) bezeichnen, die Gattung Hominini. Unter anderem wirkte auch die Anhebung des Tibetischen Hochlandes (klimawirksam ca. 8-7 Mio. Jahre vor heute) nicht unerheblich auf die Klimata des Eurasischen und Afrikanischen Kontinentes. Folge war z.B. ein völliges Aussterben der Menschenartigen in Europa. In Afrika lief die Linie jedoch weiter. Nach einigen Kreuzungen verschiedener parallel existierender, sich evolutionär weiterentwickelnder Populationen vollzog sich rd. 6 Mio. Jahre vor heute eine endgültige Trennung und die Linie der Hominini bestand dort fort.

Diese Hominini hatten u.a. bereits das Merkmal des aufrechten Ganges entwickelt und zur hierfür bekannten Gattung Australopithecus gehört auch der bekannte Fund von „Lucy“. Die letzten Schlagzeilen über ihr Ableben gab es im Jahr 2016:

http://www.zeit.de/wissen/2016-08/vormensch-lucy-baumsturz-tod-studie

Der folgende, auf der heutigen Fund- und Analyselage basierende Stammbaum geht bis 5.5 Mio. Jahre zurück und zeigt den Verlauf, wie sich aus den Australopithecen (siehe auch unter Pkt. 5. Wiege der Menschheit) sich dann Homo rudolfensis, Homo erectus etc. bis zum Homo sapiens entwickelt haben.

Abb.: Stammbaumhypothese zur Entwicklung des Menschen unter Berücksichtigung klima- und biogeographischer Überlegungen aus: Schrenk, F.: Die Frühzeit des Menschen. Der Weg zu homo sapiens. Verlag C. H. Beck, 1997 und 2003, S. 122.

Ein Kurzfilm über den Stammbaum des Menschen gibt es auf den Planet Wissen Mediathek-Seiten:

https://www.planet-wissen.de/video-der-stammbaum-des-menschen–100.html

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3. Biokulturelle Evolution

Zu den Merkmalen der Gattung Homo gehören nicht nur der Körperbau, sondern eine Reihe von weiteren Kriterien und diese in Kombination. Vor allem der Gebrauch und die Herstellung von Werkzeugen – erstmals vor ca. 2,5 Mio. Jahren belegt – war ein großer Schritt in der kulturellen Evolution und wird zur Abgrenzung der Gattung Homo von den früheren Australopithecen herangezogen. Aber nicht nur die Werkzeug-Nutzung ist zu nennen, auch die Anpassung an Umweltgegebenheiten (Entwicklung von Ackerbau und Viehzucht), die Entwicklung von Sprache und das Ausleben von künstlerischen Fähigkeiten, das Ausleben von kooperativen Fähigkeiten und vieles mehr gehören dazu.

Ganz eng verknüpft sind die biologische und die kulturelle Entwicklung des Menschen, wie Friedemann Schrenk im folgenden Video erklärt. Franz-Josef Radermacher sieht eine Trennung beider Bereiche der Evolution vor dem Hintergrund der Entwicklung digitaler Intelligenz.

http://www.spektrum.de/video/daten-statt-gene/1508361

Eine sachliche Erklärung der kulturellen Evolution und Abgrenzung von der biologischen Evolution gibt es hier:

http://www.spektrum.de/lexikon/biologie/kulturelle-evolution/37630

Auf den Planet-Wissen-Seiten werden in Kurzform die genannten Merkmale der Gattung Homo genannt.

https://www.planet-wissen.de/geschichte/urzeit/afrika_wiege_der_menschheit/pwiederaufstiegdesmenschen100.html

Eine große Forschergruppe in einer Kooperation zwischen der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung beschäftigt sich mit der Rolle der Kultur in der frühen Ausbreitung des Menschen (engl.: The role of culture in the early expansion of humans, kurz: ROCEEH). Rekonstruiert werden die Wanderungsmuster der Hominiden in einer Zeit zwischen 3 Mio. Jahren und 20.000 Jahren vor heute. Die kulturelle Entwicklungsfähigkeit der Menschen erlaubte z.B. die Anpassung an verschiedenste Umweltbedingungen und ermöglichte den ersten Menschen die Besiedlung von bisher unbewohnbaren Habitaten. Die Projekt-Seiten bieten Informationen über die drei Unterthemen Kultur, Habitate und Hominine und informiert über die Datenbereitstellung, sowie über vorhandenes Kartenmaterial, wissenschaftliche Publikationen und Jahresberichte.

http://www.roceeh.net/de/forschung/kultur und von dort weiter zu den anderen Themen

In englischer Sprache ist der Artikel von Friedemann Schrenk und Timothy Bromage „Origin of Hominin Biocultural Diversity“ (PDF) verfasst. Er enthält detaillierte Abbildungen, wie z.B. eine Übersichtskarte von Afrika mit den Fundstellen der Frühmenschen und auch einem Stammbaum des Menschen ab ca. 6 Mio. Jahren vor heute und  erläutert den Zusammenhang zwischen der biologischen und kulturellen Entwicklung.

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4. Der Rassenbegriff: Historie und Entwicklung

Ein ausführlicher historischer Überblick seit der Entstehung des „Rassen“-Begriffes im 17. Jhd. und dessen Weiterentwicklung zu einer pseudowissenschaftlichen „Rassenlehre“ und deren furchtbare Konsequenzen findet sich auf den Dossier-Seiten der Bundeszentrale für Politische Bildung:

Im Dossier kann auch nachgelesen werden, wie aufgrund der biologisch-genetischen Fakten die Einteilungen hinfällig sind, wie die biogeographischen Umgebungen die Evolution einzelner Gruppen prägen, wie der „Rassen-Begriff“ aus einem rein biologischen zu einem vermehrt auch kulturell begründeten Begriff wurde und wie die Auswirkungen des gesellschaftlich und institutionell vorhandenen „Rassedenkens“ heute sind. Zudem werden Anregungen gegeben, wie die gesellschaftlich geprägten Denkweisen überwunden werden können.

Im Anschluss an beide Texte befindet sich jeweils eine Literaturliste „zum Weiterlesen“ zum Thema.

In ihrer Veröffentlichung „Four Statements on the Race Question“ aus dem Jahr 1969 gibt die UNESCO einen Einblick in den Stand der Forschung zur damaligen Zeit (in den ersten beiden Kapiteln). In den folgenden Kapiteln aus den Jahren 1950, 1951, 1964 und 1967 wird die Entwicklung des Rassenbegriffes überhaupt und dessen spätere wissenschaftliche Widerlegung, sowie die Problematiken und Widersprüche in der biologischen, anthropologischen und soziologischen Verwendung des Begriffes deutlich.

  • Unesco (Hrsg.) (1969). Four statements on the race question. (PDF)

Das wichtigste Instrument der Vereinten Nationen ist das Übereinkommen zur Eliminierung jeder Form von rassistischer Diskriminierung. Es ist unter der Abkürzung „ICERD“ bekannt; eine deutsche Übersetzung (PDF) bietet diese Website.

Das Übereinkommen wurde 1965 verabschiedet und trat 1969 in Kraft. Es wurde von über 170 Staaten ratifiziert. Das Übereinkommen wird überwacht und weiterentwickelt durch den UN-Ausschuss zur Eliminierung aller Formen von Rassendiskriminierungen (CERD). CERD erhält regelmäßige Berichte seiner Vertragsstaaten. Knapp 50 Staaten haben bisher durch eine „Erklärung nach Artikel 14“ Individualbeschwerden zugelassen; das heißt, Opfer von rassistischen Übergriffen können sich unter bestimmten Umständen an CERD wenden.

Im Jahr 1978 hat die UNESCO-Kommission ihre Erklärung über „Rassen“ und rassistische Vorurteile veröffentlicht und in ihre Verfassung aufgenommen:

Sehr eindrücklich führt der abschließende Artikel 10 die vorangegangenen Inhalte zusammen:

„Die weltweiten oder regionalen staatlichen oder nichtstaatlichen internationalen Organisationen werden aufgerufen, soweit es ihnen ihre jeweiligen Zuständigkeitsbereiche und Mittel erlauben, bei der vollen Durchsetzung der in dieser Erklärung dargelegten Grundsätze zusammenzuarbeiten und mitzuhelfen und damit zum legitimen Kampf aller Menschen, die ja gleich an Würde und Rechten geboren sind, gegen die Tyrannei und Unterdrückung durch Rassismus, rassistische Trennung, Apartheid und Völkermord beizutragen, so dass alle Völker der Welt von diesen Geißeln für immer befreit sein mögen.“

Das „Blue eyes/brown eyes“-Experiment / „A Class Divided“

Einen Tag nach der Ermordung des US-amerikanischen Baptistenpastors und Bürgerrechtlers Martin Luther King Jr. im Jahre 1968 führte die Grundschullehrerin Jane Elliott ein Experiment mit ihrer Schulklasse durch. Die Lehrerin fragte die Schüler, ob sie wüssten, wie es sich anfühle, ein schwarzer Junge oder ein schwarzes Mädchen zu sein. Elliott teilte ihren Schülern mit, dass sie Diskriminierung nicht verstehen könnten, ohne sie selbst je erlebt zu haben, und fragte, ob sie es herausfinden möchten. Die Kinder stimmten alle überein und Elliott entschied, das Experiment eher auf Augenfarbe als auf Hautfarbe zu basieren, um den Kindern zu zeigen, wie Rassentrennung aussehen würde. Der Film „A Class Divided“ ist abrufbar unter https://www.pbs.org/wgbh/frontline/film/class-divided/

 

Die Konstruktion des Rassismus ist bis heute eine der nachhaltigsten Erfindungen Europas. Zur Zeit des Nationalsozialismus haben viele europäische Museen auf dieser Idee aufgebaut und sich dadurch etabliert, dass sie weltweit Objekte zusammengetragen haben, um die Vormachtstellung Europas und der dort lebenden Menschen zu dokumentieren. Dieses Erbe ist ein gleichwohl schweres wie schwieriges und bedarf eines sensiblen, aber entschlossenen Umgangs sowie der Aufarbeitung. Museen als Orte der Wissensvermittlung haben die Möglichkeit, diese Entwicklung wieder zurückzudrehen.

Der folgende Text (PDF) soll stellvertretend für alle diese Bemühungen und Projekte in Museen und Sammlungen genannt sein und illustriert, was die Aufgabe der WissenschaftlerInnen und KuratorInnen sein muss, die für die Stücke verantwortlich sind.

Schrenk, Friedemann/ Kuper, Anke / Rahn, Anne Marie/ Eiser, Isabel (2018). „Menschen in Sammlungen. Geschichte verpflichtet“, in: Anna-Maria Brandstetter/ Vera Hierholzer (Hg.). Nicht nur Raubkunst! Sensible Dinge in Museen und universitären Sammlungen, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, V&R unipress, 45-61.

Zwei Zitate geben Einblick:

„Wir heutigen Wissenschaftler*innen sind zwar für die Erwerbungskontexte bestehender Sammlungen nicht verantwortlich, gleichwohl jedoch für unseren Umgang mit Geschichte.“ (48)

und

„Die Geschichte ererbter Objekte in musealen und universitären Sammlungen kann nur in Kooperation mit den Gesellschaften aufgearbeitet werden, aus denen die jeweiligen Objekte stammen. Dies gilt insbesondere für eine Aufarbeitung der Besitzgeschichte und eine mögliche Wiedergutmachung bei Objekten, die aus Unrechtskontexten etwa des Kolonialismus oder der NS-Zeit stammen, aber auch, unabhängig vom historischen Zusammenhang, für das Verstehen und die Analyse der Objekte selbst. […] Unser aller Ziel muss es werden, Geschichte gemeinsam aufzuarbeiten und in eine global gleichberechtigte Zukunft gerichtet zu denken.“ (57 f.)

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5. Die Wiege der Menschheit

Die sogenannte Wiege der Menschheit (engl. „Cradle of Humankind“) ist die geographische Region, in der die früheste belegbare biologische Evolution und kulturelle Entwicklung des Menschen – genauer der Gattung „Homo“ sich abgespielt hat.

Die UNESCO hat die Fundstellen ca. 50 km nordwestlich von Johannesburg in Südafrika im Jahr 1999 zum Weltkulturerbe ernannt. Im Jahr 2005 erfolgte eine räumliche Erweiterung. Die Kurzbeschreibung sagt: „The Taung Skull Fossil Site, part of the extension to the site inscribed in 1999, is the place where in 1924 the celebrated Taung Skull – a specimen of the species Australopithecus africanus – was found.

Makapan Valley, also in the site, features in its many archaeological caves traces of human occupation and evolution dating back some 3.3 million years. The area contains essential elements that define the origin and evolution of humanity. Fossils found there have enabled the identification of several specimens of early hominids, more particularly of Paranthropus, dating back between 4.5 million and 2.5 million years, as well as evidence of the domestication of fire 1.8 million to 1 million years ago.“

http://whc.unesco.org/en/list/915/

Fast wie ein Erlebnisbericht liest sich dieser Text über die Fundstätten in Südafrika:

http://www.deutschlandfunk.de/palaeoanthropologie-in-der-hoehle-der-menschenartigen.740.de.html?dram:article_id=306721

Einen kurzen Abriss gibt der Text bei Planet Wissen: was passierte in Afrika vor rund 6 Mio. Jahren und was hat dies mit der Entwicklung des Menschen zu tun?

https://www.planet-wissen.de/geschichte/urzeit/afrika_wiege_der_menschheit/index.html

Auch im folgenden Artikel werden die Zusammenhänge zwischen den Umweltbedingungen und der Wanderung der Vorfahren des heutigen Menschen beschrieben.

http://www.zeit.de/wissen/geschichte/2016-09/evolution-mensch-wanderung-afrika-klima/komplettansicht

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6. Wanderwege des Menschen

Aufgrund von fossilen, modernen genetischen und linguistischen Erkenntnissen im Forschungsbereich der Paläoanthropologie entstand die sogenannte Out-of-Africa-Theorie, die besagt, dass die Gattung Homo ihren Ursprung in Afrika hat und Teile der Populationen von dort aus auf die anderen Kontinente auswanderten. Vielfach sind auch Übersichtskarten der Wanderwege der Gattung Homo zu finden, auf denen die Wander-Richtungs-Pfeile mit den Y-Chromosom-Markern bezeichnet sind.

Ein Beispiel für eine wissenschaftliche Publikation zu den vor 45.000 – 60.000 Jahren begonnenen Migrationen wäre zum Beispiel folgende von Henn, BM et al. (2012). The great human expansion. Proc Natl Acad Sci U S A 109 (44): 17758-17764. (DOI: 10.1073/pnas.1212380109) (PDF).

Daraus die Abbildung 1:

Spiegel Online (2016). Die große Wanderung begann vor 50.000 Jahren. (http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/dna-analyse-die-grosse-wanderung-begann-vor-50-000-jahren-a-1075729.html)

Viele neue Informationen können heute durch die Genanalysen aus den Funden gewonnen werden. Daraus lassen sich z.B. die Wanderwege und Abstammungslinien der Hominiden rekonstruieren. Eine zusammenfassende Sicht auf die Ergebnisse aus mehreren hochrangigen wissenschaftlichen Veröffentlichungen gibt folgender Artikel: Dönges, J (2016). Gendaten für die große Wanderkarte. Spektrum Online. (http://www.spektrum.de/news/gendaten-fuer-die-grosse-wanderkarte/1424002)

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7. Das Neandertaler Genom und die Denisova-Menschen

In der etwa einstündigen ARD Alpha Sendung „Wieviel Neandertaler steckt in uns“ erfährt man viel über Forschung rund um den Neandertaler und die Arbeitsweise der Paläoanthropologen und Archäologen. Sind Homo sapiens und der Neandertaler seinerzeit aufeinandergetroffen? Wie haben sie gelebt? Was kann die Genetik leisten? Was hat es mit dem Denisova-Menschen auf sich? Und warum ist er ausgestorben?

https://www.planet-wissen.de/video-urmensch–wie-viel-neandertaler-steckt-in-uns-100.html

Am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig hat die Genomsequenzen des Neandertalers und des Denisova-Menschen entschlüsselt. Mit diesen qualitativ hochwertigen Daten kann nun auch Aussage darüber getroffen werden, ob die Neandertaler sich mit den Vertretern des Homo sapiens während des Zeitfensters, in dem beide parallel existierten, vermischt haben.

https://www.mpg.de/7666290/neandertaler_genomprojekt

Dass außer den Neandertaler-Menschen auch Denisova-Menschen existierten, beide aber nicht unsere direkten Vorfahren sein können, konnte durch die Genanalyse eines Fundstückes aus der Denisova-Höhle im Altai Gebirge belegt werden.

https://www.mpg.de/6332779/denisova_genom

Bereits nach der Entschlüsselung von gut der Hälfte des Neandertaler-Genoms entstanden aussagekräftige Resultate zu einigen der Fragenstellungen.

http://www.spektrum.de/news/der-neandertaler-in-uns/1031333

Der Autor des folgenden Artikels führt die genetischen Daten, die inzwischen zu Neandertalern, Denisova-Menschen und Homo sapiens vorliegen, in einer eleganten Argumentationslinie zusammen, die in dem Schluss endet: „Genau das ist und bleibt, was uns Menschen auszeichnet: Unsere enge, unlösbare Verwandtschaft miteinander. Wir alle sind Mischlinge mit Migrationshintergrund.“

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/neandertaler-forschung-stellt-rassistische-weltbilder-auf-den-kopf-a-950848.html

Auch ohne Genom-Daten, aber durch morphologische Analyse von Schädel-Fundstücken konnte der Wissenschaftler Rodrigo Paz Details zur Anpassung der Nase an die eiszeitlichen Umweltbedingungen herausfinden:

http://www.spektrum.de/news/kaelte-formte-die-nase-des-neandertalers/1515017

Wer hätte bei einem Wettlauf zwischen Neandertaler und Homo sapiens gewonnen? Auch das konnten Forscher aus der Untersuchung von Knochenformen und Muskelansätzen der Achilles-Sehne und des Fersenhöckers feststellen und gleich auch eine Erklärung liefern: der Neandertaler verlor diese ursprüngliche Anlage, da er sie in seiner Umwelt nicht mehr brauchte.

http://www.spektrum.de/news/neandertaler-hinkten-beim-dauerlauf-hinterher/1063069

 

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8. Genetik – Archäogenetik

Wie schon unter dem Stichwort „Wanderwege des Menschen“ erwähnt, sind die verfügbaren genetischen Analysedaten eine wichtige Grundlage für die Rekonstruktionen der biologischen Evolution und der daraus resultierenden Modelle.

Eine wissenschaftliche Originalpublikation, in welcher aus den genetischen Daten die Migration zur Besiedlung Europas abgeleitet werden kann, stammt von Pagani, L (2016): Genomic analyses inform on migration events during the peopling of Eurasia. Nature 538: 238-242. (DOI: 10.1038/nature19792) (PDF)

Das Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena (http://www.shh.mpg.de) wurde 2014 gegründet, um grundlegende Fragen der menschlichen Evolution und Geschichte seit der Steinzeit (also ca. seit 200.000 Jahren) zu erforschen. Wie auch bereits in den Zusatzmaterialien der vorangegangenen Sendungen deutlich geworden ist, können durch die biologischen Analysemethoden im molekularen Bereich neue Datensätze generiert werden, die bestehende Modelle und Interpretationen verfeinern oder gar widerlegen können. Auch ganz neue Fragestellungen können beantwortet werden, etwa zur Ausbreitung des modernen Menschen in Eurasien:

http://www.shh.mpg.de/742847/human-dispersals-africa

Forschungsschwerpunkte der Abteilung Archäogenetik des MPIs Jena liegen in der Klärung von Bevölkerungsbewegungen, in der Erforschung der Ursprünge und Entwicklung von Infektionskrankheiten sowie in der Erforschung der Wechselwirkungen zwischen der menschengemachten Veränderung biologischer Ressourcen (also z.B. Nutzpflanzen und -tieren) unter Berücksichtigung von Rückkopplungseffekten mit der menschlichen Entwicklung.

http://www.shh.mpg.de/27811/research_outline

und eine Übersicht über die Forschungsprojekte:

http://www.shh.mpg.de/DAGProjekte

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9. Die Entwicklung der Hellhäutigkeit

Warum haben Menschen unterschiedliche Hautfarben? Um diese Frage zu klären, müssen wir einen Blick in die Vergangenheit werfen und unsere Vorfahren und die damaligen klimatischen Umstände betrachten.

Vor Millionen Jahren war der Osten Afrikas eine schattige und feuchte Region und von einem dichtem Wald bedeckt. Unsere Vorfahren besaßen ein dichtes Haarkleid und die Haut darunter war wahrscheinlich blass – wie beim Schimpansen, dem nächsten Verwandten des Menschen.

Im Laufe der Zeit änderte sich das Klima: der dichte Urwald wurde immer heißer und trockener. Die Urmenschen passten sich an die wärmere Umwelt an und verloren ihr dichtes Fell. Doch die starken UV-Strahlen der Sonne zerstörten die obere Zellschicht der Haut. Sie bauten das essentielle B-Vitamin Folsäure in Haut und Blut ab.

Der beste Schutz dagegen war eine stärkere Pigmentierung der Haut (Melanin), die ein Durchdringen der UV-Strahlung verhindern konnte. Eine dunklere Haut ist aus diesem Grund nichts anderes als eine Anpassungsstrategie an äußere Faktoren.

Zugleich ist aber der Mensch auf UV-Licht angewiesen: Ohne UVB-Strahlung kann die menschliche Haut kein Vitamin D bilden und im Körper ist Vitamin D bei der Regelung des Calcium- und Phosphathaushalts beteiligt und damit unter anderem für einen stabilen Knochenaufbau verantwortlich.

Die Auswanderung in kältere Regionen hatte weitreichende Folgen für die menschliche Haut, denn das Sonnenlicht in dort reichte nicht mehr aus, um genügend Vitamin D zu bilden. Für den Erhalt der Gesundheit musste der Grad der Pigmentierung (Melanin) schrumpfen, damit auch bei geringerer UV-Einwirkung genügend Vitamin D produziert werden konnte. Die Hautfarbe ist somit eine Frage der Anpassung und keine Frage der Rasse.

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Zusatzmaterialien als PDF zum Herunterladen

Die Materialien wurden zum Zugriffszeitpunkt 18.01.2018 erstellt von:
Volker Mosbrugger, Friedemann Schrenk, Sybille Roller, Francesco Lupusella